Nach 5 Jahren schweizerischer UNO-Mitgliedschaft
ist es unübersehbar, dass der Grundsatz "Dabei sein ist wichtiger
als gewinnen" definitiv zum Leitprinzip der schweizerischen Aussen-
und Sicherheitspolitik geworden ist. Obwohl unsere Staatsmaxime der immerwährenden,
bewaffneten Neutralität sehr erfolgreich ist und sich als Sicherheits-
und Friedensinstrument bewährt hat, wird sie seit dem UNO-Beitritt
am 10. September 2002 durch internationalen Aktivismus zunehmend ausgehöhlt
und ihrer Substanz beraubt.
Die SP will unsere Neutralität "ad acta legen" und subito
der EU beitreten, die CVP will die Neutralität "neu definieren"
und die FDP beschränkt sich auf die diffuse Aussage, die Neutralität
sei "keine Religion". Dies steht im Gegensatz zur neuesten Studie
(2007) von Professor Karl W. Haltiner, wonach 92% der Schweizer an unserer
Neutralität festhalten wollen. Von den Bundesratsparteien bekennt
sich einzig die SVP (und selbstverständlich die überparteiliche
AUNS) ohne Wenn und Aber zur integralen, umfassenden Neutralität
- also zur strikten Nichteinmischung der offiziellen Schweiz in fremde
Konflikte und zur Konzentration auf Friedensdiplomatie und humanitäre
Hilfe.
Eine gründliche Analyse zeigt, dass die Zahl der Neutralitätsverstösse
seit dem UNO-Beitritt drastisch zugenommen hat. Verantwortlich dafür
sind insbesondere die Bundesräte Calmy-Rey (EDA) und Samuel Schmid
(VBS):
So hat sich beispielsweise der von der Schweiz forcierte und von der "Organisation
der Islamischen Konferenz" dominierte UNO-Menschenrechtsrat bisher
vor allem durch einseitige Verurteilungen Israels hervorgetan. Zudem ist
das UNO-Mitglied Schweiz von "UNO-Sonderbeauftragten" wegen
des verschärften Asylgesetzes und wegen der auszuschaffenden "schwarzen
Schafe" absurderweise als "rassistisch" und "menschenrechtswidrig"
kritisiert worden.
Mit der Forderung nach einem unabhängigen Kosovo hat Bundesrätin
Calmy-Rey weitherum für Irritationen gesorgt, und nachdem die Regierung
Kosovos neuerdings einseitig die Unabhängigkeit ausrufen will, droht
der hochgejubelte Swisscoy-Einsatz endgültig zum Kriegsabenteuer
zu werden. Gravierend ist auch das von der "manischen Selbstdarstellerin"
Calmy-Rey (Zitat Max Frenkel, Weltwoche) geplante "Seminar über
die unterschiedliche Wahrnehmung des Holocaust", welches Holocaust-Leugnern
vom Stil Ahmadinedschads in der neutralen Schweiz (!) eine Plattform geboten
hätte.
Multinationale Armee, Verpolitisierung des Roten Kreuzes
Im Bereich des VBS ist ein unglaublicher Drang zur NATO-/EU-Anpassung
und zum militärischen Auslandeinsatz festzustellen. So wirbt die
Generalstabsschule bereits mit der "Planung eines internationalen
Lehrgangs für Kommandanten und Stabsoffiziere einer multinationalen
Brigade". Der neutralitätswidrige Einsatz von Schweizer Offizieren
in Afghanistan, welche zur ISAF (International Security Assistance Force)
unter Nato-Kommando gehören, ist bereits "courant normal".
Besonders gravierend ist zudem die Präsenz von Schweizer Piloten
im Bürgerkriegsland Tschad, die unter dem Signet "Swiss Air
Force" tschadische Piloten an Pilatus-Flugzeugen ausbilden und sie
nach Verlautbarungen des tschadischen Generalstabs auch im Kampfeinsatz
gegen Rebellen in den Ostprovinzen des Tschad "beraten". So
geht die Neutralität vor die Hunde.
Gleichzeitig schreitet die Verpolitisierung des Roten Kreuzes voran.
So hat sich IKRK-Chef Jakob Kellenberger als aktiver Befürworter
eines (neutralitätswidrigen) EU-Beitritts geoutet, und René
Rhinow, der Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes, bezeichnet
die Neutralität als "keine vernünftige Staatsmaxime mehr".
Weil das Wesen und die Arbeit des IKRK in engem Zusammenhang mit unserer
Neutralität stehen, hat dessen Verpolitisierung - zusammen mit der
UNO-Mitgliedschaft und dem Streben nach einem Sitz im Sicherheitsrat -
negative Auswirkungen auf den IKRK-Standort Schweiz und unsere humanitäre
Arbeit.
Der Todesstoss für unsere Neutralität wäre
zweifellos die von Aussenministerin Calmy-Rey um jeden Preis angestrebte
Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat, wo über Krieg und Frieden entschieden
wird.
Massnahmen und Forderungen
In unserer weltweit vernetzten Welt hat die Neutralität als Sicherheits-
und Friedensförderungsinstrument unseres Kleinstaates noch an Bedeutung
gewonnen. Dies allein schon aufgrund der Tatsache, dass jeder Staat, der
sich aus fremden Konflikten und Kämpfen heraushält, die Welt
ein Stück friedlicher macht.
Die schweizerische Neutralität muss durch eine
intelligente, zurückhaltende Politik wieder zum unparteiischen, erfolgreichen
Instrument für Sicherheit, Friedensdiplomatie und humanitäre
Hilfe gemacht werden.
Ich habe deshalb eine Motion eingereicht mit dem Ziel, die Substanz und
das besondere Wesen unserer Neutralität in der Verfassung zu verankern.
Zudem arbeitet die AUNS - neben der Volksinitiative für die Stärkung
der Volksrechte, die demnächst lanciert wird - an einer weiteren
Volksinitiative, welche die militärischen Auslandeinsätze nach
dem Grundsatz "Neutralität statt Soldaten exportieren"
stoppen will. FoIgerichtig verlangen wir eine rasche Beendigung des Swisscoy-Einsatzes
im Kosovo, der jährlich mindestens 50 Millionen Franken verschlingt.
Im weiteren fordern wir einen Departementswechsel von Bundesrätin
Calmy-Rey. Und schliesslich wollen wir mit einer breiten Kampagne, mit
öffentlichen Veranstaltungen sowie an Schulen, die zentrale Bedeutung
der schweizerischen Neutralität als hochmodernes Sicherheitsinstrument
besser bewusst machen.
Nationalrat Hans Fehr, SVP/ZH, Geschäftsführer AUNS
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