Nationalrat Hans Fehr Bundeshaus in Bern
Home Portrait Schwerpunkte Aktuell Agenda Meine Frage Kontakt Archiv
 
 
 
 
    Nationalrat - Hans Fehr
Personenfreizügigkeit - zu welchem Preis?
Artikel/Leserbrief, 15. Januar 2008


Seit dem 1. Juni 2007 gilt der freie Personenverkehr zwischen der Schweiz und den 15 "alten" EU-Staaten. Ab Mitte 2011 soll die Freizügigkeit auch gegenüber den 10 neuen EU-Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und Zypern gelten (zusammen "EU-25" genannt). Und bald sollen auch Rumänien und Bulgarien einbezogen werden. Die Schönrednerei in Bundesbern und bei Wirtschaftsverbänden über die angeblich nur positiven Auswirkungen des freien Personenverkehrs geht an den Tatsachen vorbei. Denn die Risiken einer praktisch unkontrollierten Zuwanderung aus dem immer grösseren EU-Raum sind für unser Land gewaltig.

Worum geht es?
Jeder EU-Europäer/-Osteuropäer hat aufgrund der Personenfreizügigkeit grundsätzlich das Recht, in die Schweiz einzuwandern, bei uns während bis zu 15 Monaten Arbeit zu suchen oder als "Selbständiger" Dienstleistungen anzubieten, sich sodann mit Familie niederzulassen und unser attraktives Sozial- und Krankenversicherungssystem zu beanspruchen.

Das Kernproblem
Nach wie vor bestehen grosse Niveauunterschiede zu Osteuropa - mit Löhnen, die in der Regel 1/5 bis 1/10 der Schweizer Löhne betragen, mit einer Arbeitslosigkeit bis zu 20 % und mit oft sehr niedrigen Sozialleistungen. Einige Beispiele: Der Nettolohn, gemäss "UBS, Preise und Löhne 2006" (Bruttoeinkommen abzüglich Steuern und Sozialabgaben) beträgt für einen gelernten Automechaniker (ledig) in Zürich 28'200 Franken, in Prag 12'200, in Warschau 4'300 und in Bukarest 2700 Franken. Für einen Bauhandlanger beläuft sich der entsprechende Lohn auf 24'000, 6'200, 3'000 und 1'900 Franken und für einen Ingenieur (Uni-Abschluss, Familie, 2 Kinder) sind es 51'100, 8'900, 6'700 und 7'800 Franken. Dies hat zwangläufig einen Zuwanderungsdruck, tiefere Löhne, mehr arbeitslose Schweizer (spätestens bei einer kommenden Rezession), gefährdete Sozialwerke sowie mehr Kriminalitätsimport zur Folge. Eine zusätzliche Erweiterung der EU wird zudem mehr Islam/Islamismus bringen.

Schon heute herrscht aus den "alten" EU-Ländern Deutschland, Frankreich und Italien - bei letzteren vor allem durch Hunderttausende von Grenzgängern, die keine Aufenthaltserlaubnis benötigen - ein enormer Zuwanderungsdruck. Vor allem die Deutschen sind "überall": im Dienstleistungsbereich, in Banken und Versicherungen, in den Chefetagen, beim Bund, in Spitälern, Universitäten, auf Baustellen und anderswo. Schlagzeilen wie "Unis wollen Zustrom deutscher Professoren bremsen (NZZ am Sonntag, 23.12.2007) oder "Studenten: Wir erreichen die Grenzen des Erträglichen, weil immer mehr Dozierende aus Deutschland eingestellt werden" (TA, 20.12.2007) zeigen nur die Spitze des Eisbergs. Zudem treibt die steigende Zuwanderung und die starke Nachfrage nach Wohnraum die Wohnungsmieten hinauf.
Die hochgejubelten flankierenden Massnahmen sind eine IIlusion. Mit noch mehr Kontrolleuren, mit Mindestlöhnen und noch mehr Gewerkschaftsmacht wird unser noch flexibler Arbeitsmarkt überreguliert und wettbewerbsunfähig gemacht.

Unabsehbare Entwicklung ab 2011
Wenn ab 2011 die Kontingente gegenüber den neuen EU-Oststaaten fallen, und spätestens, wenn die nächste Rezession kommt, werden die Risiken insbesondere für unsere Sozialwerke eine neue Dimension erreichen. Schon heute gilt im Sozialbereich die magische Zahl "40", indem je rund 40% der IV-Leistungen, der Arbeitslosenbezüge und der Sozialhilfe (Fürsorge) an Ausländer gehen. Ein Beispiel: Ein Einverdiener-Ehepaar mit zwei Kindern bekommt in der Schweiz im Arbeitslosenfall 81% des versicherten Lohnes ausbezahlt, in der Slowakei sind es 57%, in Polen gar nur 54%.

Der Schengener Unsicherheitsraum
Hand in Hand mit den Gefahren der Personenfreizügigkeit wachsen auch für unser Land die Probleme mit "Schengen", also mit der europaweiten Abschaffung der Grenzkontrollen und damit der Grenzen. Die Grenzkontrollen sind seit dem 21. Dezember 2007 gegenüber Osteuropa aufgehoben. Weil die Ratifizierung des Schengener Abkommens mit der Schweiz durch drei EU-Staaten noch nicht erfolgt ist, bleibt die Schweiz wohl bis Ende 2008 eine "Insel" im Schengenraum. In Anbetracht des Kriminalitätsimports aus EU-Rumänien (Roma!), mit dem Italien zu kämpfen hat, haben wir alles Interesse daran, dass unser Land im Schengener Unsicherheitsraum noch lange eine positive Insel bleibt.

Was ist zu tun?
Dank der SVP kann das Parlament - und im Fall eines Referendums das Schweizer Volk - darüber entscheiden, ob die Personenfreizügigkeit mit der "EU 15" ab Mitte 2009 weitergeführt werden soll. Voraussichtlich wird der Bundesrat mit der Begründung, es gehe um die gleiche Materie, eine Gesamtvorlage über die Personenfreizügigkeit mit der "EU 25", also inklusive die neuen Oststaaten - präsentieren. Zur gleichen Zeit oder (aus taktischen Gründen etwas später) wird er wohl eine separate Vorlage für Rumänien und Bulgarien bringen.
Die SVP, nunmehr als Oppositionspartei ohne Bundesräte, und die AUNS, werden sich ihren Entscheid gut überlegen und die gewaltigen Risiken, insbesondere mit Rumänien/Bulgarien, in Rechnung stellen müssen. "Bundesbern" wird dem Volk drohen mit der Behauptung, im Fall eines Nein würden mit der so genannten "Guillotine-Klausel" alle Bilateralen I (also beispielsweise das Landverkehrsabkommen) dahin fallen. Diese Suppe wird aber nicht so heiss gegessen werden, denn von den Abkommen profitiert vor allem die EU. Und allein schon die Vorstellung, dass Österreich das Landverkehrsabkommen kündigen und damit die Alpentransit-Lastwagenlawine vom Gotthard an den Brenner verlegen würde, ist undenkbar. Meiner Meinung nach ist folgendes zu tun:

  1. Wir dürfen unsere Souveränität in diesem zentralen Bereich keinesfalls preisgeben und müssen hart verhandeln. Die Personenfreizügigkeit mit der "EU-25" kann nur in Frage kommen mit einer unbefristeten Notklausel sowie mit der vertraglichen Verpflichtung, dass die EU unsere Steuerhoheit und unser Bankkundengeheimnis vollumfänglich respektiert.
  2. Wegen der besonders hohen Risiken mit Bulgarien und Rumänien (Millionen von Roma wollen in den Westen und sich dort frei bewegen können) müssen hier besonders lange Übergangsfristen und unbefristete Zuwanderungs-Kontingente ausgehandelt werden. Zudem müssen sich Rumänien und Bulgarien verpflichten, kriminelle Bürger, insbesondere Romas, sofort zurückzunehmen.
  3. Bei der künftigen Umsetzung des freien Personenverkehrs wird die SVP keine weiteren flankierenden Massnahmen dulden.

Falls diese Bedingungen nicht erfüllt werden, ist das Referendum zu ergreifen, und wir sollten meines Erachtens wieder Kontingente einführen. Kein einziger Unternehmer hat bisher plausibel darlegen können, dass er jene ausländischen Arbeitskräfte, die er braucht, nicht über Kontingente bekommen kann. Der Preis einer grenzenlosen, unkontrollierten Zuwanderung ist zu hoch.


Nationalrat Hans Fehr, SVP/ZH, Geschäftsführer AUNS


[ zurück ]     [ drucken ]

 
powered by BfK