Nationalrat Hans Fehr Bundeshaus in Bern
Home Portrait Schwerpunkte Aktuell Agenda Meine Frage Kontakt Archiv
 
 
 
 
    Nationalrat - Hans Fehr
Genügend Austauschprogramme in der EU vorhanden
Keine Probleme für Schweizer Studenten und Stagiaires
Artikel, 23. Februar 1999


Immer wieder wird behauptet, die Schweiz müsse unbedingt der EU beitreten, weil unsere jungen Leute sonst von Studien- und Arbeitsplätzen in EU-Ländern weitgehend ausgeschlossen seien. Die Wirklichkeit, sowohl bei den Studenten als auch bei den Stagiaires, sieht anders aus.

Viele junge Schweizerinnen und Schweizer zieht es vor allem nach England und in die USA. Das hat mit der Sprache zu tun, aber auch mit der Tatsache, dass insbesondere in den USA die moderne Technologie, die Computerwissenschaften etc. auf einem besonders hohen Stand sind. Die Welt hört für junge Schweizer nicht in Brüssel auf!

Studenten-Austauschprogramme sogar ausgebaut
Die EU führt seit den Achtzigerjahren verschiedene Zusammenarbeits- und Austauschprogramme im Bildungs- und Berufsbildungsbereich durch. Zunächst waren es vor allem die Programme "Erasmus" (Hochschulzusammenarbeit und Studentenmobilität) und "Comett" (Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft auf dem Gebiet der Technologie).

Nachdem verschiedene Programme ausgelaufen sind, ist heute vor allem das "Sokrates"-Programm aktuell. Es beinhaltet die allgemeine Bildung sowie den Bereich "Erasmus". Bei den wichtigsten Programmen hat sich auch die Schweiz beteiligt. Ob die vollumfängliche Beteiligung der Schweiz an diesen EU-Programmen, wie dies der Bundesrat anstrebt, derart wesentlich ist, ist allerdings umstritten.

1995 wurde das Erasmus-Programm von "Sokrates" abgelöst. Damit die Schweiz weiterhin mitmachen konnte, (die EU-Programme sind nicht Gegenstand der bilateralen Verträge) hat der Bund mit der EU Übergangsmassnahmen getroffen. In Form einer "stillen Partnerschaft" wird die Zusammenarbeit mit der Schweiz jetzt weitergeführt, und sie wird sogar ausgebaut.

Es sind pro Jahr je etwa 1'000 Studentinnen und Studenten aus der Schweiz und der EU, welche gegenseitig einige Monate an Hochschulen in der Schweiz und in der EU studieren. Im Studienjahr 1995/96 waren es 1048 Schweizer und 924 EU-Ausländer; 1996/97 waren es 1023 bzw. 873 und 1997/98 1142 bzw. 1083 Austauschstudenten, d.h. von den rund 93'000 Studierenden an Schweizer Hochschulen rund 1 Prozent.

Nachteile für Schweizer Austauschstudenten wegen unserer Nichtmitgliedschaft bei der EU gibt es nicht. Der Austausch erfolgt nicht auf staatlicher Ebene, sondern aufgrund von Vereinbarungen zwischen einzelnen Hochschulen und Fakultäten. Zudem werden die vorhandenen Kontingente oft nicht ausgeschöpft.

Studium grundsätzlich möglich
Ähnlich ist die Situation bei Schweizer Studenten, die ein ganzes Studium oder grosse Teile davon an einer Hochschule in der EU absolvieren wollen. Nachteile wegen der Nichtmitgliedschaft der Schweiz in der EU gibt es nach Auskunft der schweizerischen Zentralstelle für Hochschulwesen und der akademischen Studienberatung grundsätzlich nicht. Auch diese Studienplätze werden in der Regel zwischen den Hochschulen und Fakultäten
direkt vereinbart.

Das Problem liegt bei vielen Hochschulen der EU eher darin, dass sie Zulassungsbeschränkungen (Numerus clausus) eingeführt haben, die aber auch gegenüber Studenten aus andern EU-Staaten gültig sind. Sofern überhaupt Probleme auf staatlicher Ebene auftreten, so betrifft dies in einigen wenigen Fällen am ehesten die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung für Studenten aus der Schweiz.

Nötigenfalls Druck machen
Die folgenden Zahlen zeigen jedoch, dass allfällige Schwierigkeiten mit Verhandlungen und etwas Druck durchaus lösbar sind:

Studierende an Schweizer Hochschulen (Wintersemester 1997/98):

Total Studierende 93'307 (100%)
   
Schweizer 75'481 (80,8%)
   
Ausländer 17'906 (19,2%)
   
Total ausländische Studenten 17'906 (100%)
   
Davon aus der EU 11'845 (66,2%)

Schweizer Studierende an ausländischen Hochschulen:



Total (50 Länder) 7'847 (100%)
   
Davon in der EU 5'774 (73,6%)

11'845 EU-Studenten an Schweizer Hochschulen stehen somit nur 5'774 Schweizer Studenten in der EU gegenüber; das Verhältnis beträgt also 2:1! Falls für Schweizer Studenten tatsächlich Schwierigkeiten in EU-Ländern bestehen oder aufgebaut werden sollten, so sind Verhandlungslösungen aufgrund dieser Zahlenverhältnisse kein Problem! Die Schweiz hat gegenüber der EU starke Trümpfe in der Hand.

Plätze für Stagiaires bei weitem nicht ausgeschöpft
Ein ähnliches Bild wie bei den Studenten zeigt sich auch bei den Stagiaires, also jungen Leuten zwischen 18 und 30 Jahren, welche bis maximal 18 Monate im Ausland arbeiten, vor allem im Gastgewerbe, im Gesundheitswesen und in Büroberufen. Vom Kontingent von 2'600 Plätzen, das Schweizer Stagiaires in 14 EU-Ländern (ausser Griechenland) im Jahre 1997 zustand, wurden lediglich 463 ausgeschöpft!

Das sind die Realitäten. Die Forderung nach einem EU-Beitritt wegen angeblicher Nachteile für unsere jungen Leute lässt sich daraus überhaupt nicht ableiten. Und wenn man noch die gewaltigen finanziellen Belastungen eines Beitritts und den Verlust zentraler Volksrechte berücksichtigt, so wird die Beitrittsforderung völlig absurd.


Hans Fehr, Geschäftsführer AUNS, Eglisau


[ zurück ]     [ drucken ]

 
powered by BfK