Allein schon aufgrund des verfassungsmässig neu verankerten Streikrechts
sowie aufgrund des Umstandes, dass das kantonale Stimmrecht voraussichtlich
auch Ausländern gewährt werden müsste, sind die Stimmbürgerinnen
und Stimmbürger gut beraten, die neue Bundesverfassung am 18. April
1999 abzulehnen. Ein Nein drängt sich auch deshalb auf, weil die
neue Verfassung in eine zentralistische, interventionistische und sozialistische
Richtung geht.
Arbeitskampf statt Arbeitsfriede
Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) - und auch für
die vereinigte Linke - ist die Verankerung des Streikrechts als Grundrecht
in der neuen Bundesverfassung zentral. Bisher, so die Gewerkschaftsbosse,
seien Streiks in der Schweiz "kriminalisiert" worden. Die bisher
unklare Rechtslage werde nun beseitigt, betonte SGB-Präsident Paul
Rechsteiner kürzlich an einer Pressekonferenz.
Die Festschreibung des Streikrechts wertete Rechsteiner als den bedeutendsten
Erfolg des SGB bei der Verfassungsrevision. Streik als kollektives Kampfmittel
sei gerade in der Zeit der Deregulierung wichtig. "Wer den Streik
in der Verfassung regelt, der will den Streik." Dies hat Arbeitgeber
- Direktor Peter Hasler vor einiger Zeit gesagt - und er hat zweifellos
Recht.
Dazu kommt etwas Entscheidendes: Das bisher klar geregelte Beamtenstreikverbot
ist einer der Hauptgründe, dass die Schweiz das bürokratische
Regelwerk der Europäischen Sozialcharta nicht übernehmen konnte.
Mit der neuen Bundesverfassung würde diese "positive Hürde"
dahinfallen, und der Druck, die Charta zu ratifizieren, würde zunehmen.
Damit wären die jetzt nicht klagbaren Sozialziele (Recht auf Arbeit,
Recht auf Wohnung, Existenzminimum für alle, auch für illegale
Ausländer) verbindlich. Die Gefährdung des Arbeitsfriedens und
der Verlust des Vertrauens in die Stabilitätdes Wirtschaftsstandortes
Schweiz hätte schwerwiegende Folgen für unsere Konkurrenzfähigkeit
und für die Arbeitsplätze.
Kantonales Ausländerstimmrecht ohne Volksentscheid?
Die neue Verfassung hält in Art. 136, Abs.1 ausdrücklich fest,
dass die politischen Rechte in Bundessachen nur Schweizer Bürgern
zustehen. Eine solche Bestimmung für das kantonale Stimmrecht fehlt
jedoch. Artikel 39 der neuen Bundesverfassung besagt zwar:"... die
Kantone regeln sie (d.h. die Ausübung der politischen Rechte) in
kantonalen und kommunalen Angelegenheiten." Anderseits besagt Art.
34 unter dem Kapitel "Grundrechte", die für "alle
Menschen" gelten: Die politischen Rechte sind gewährleistet."
Die entscheidende Frage lautet: Wird Art. 34 durch Art. 39 eingeschränkt,
oder ist es umgekehrt?
Entscheiden müsste letztlich das Bundesgericht. Und immerhin spricht
zugunsten des kantonalen Ausländerstimmrechts, dass der Bundesrat
den Grundrechten in seiner Botschaft ausdrücklich "fundamentale
Bedeutung" zumisst. Es wäre fahrlässig, einer Bundesverfassung
zustimmen, die in einem derart wichtigen Bereich zumindest unklar bleibt.
Mehr Zentralismus und Sozialismus
Im weiteren überträgt die neue Verfassung dem Bund verschiedene
neue Aufgaben, welche zusätzliche Staatsausgaben nach sich ziehen,
so unter anderem in den Bereichen ausserschulische Jugendarbeit, kulturelle
Aufgaben, Berufs- und Erwachsenenbildung. Der Bund erhält zudem die
Kompetenz, dass er "die Aufgaben übernimmt, die einer einheitlichen
Regelung bedürfen". Das führt bei entsprechender Interpretation
unweigerlich zu noch mehr staatlichen Regelungen, zu mehr Ausgaben und
zu mehr Zentralismus.
Die zahlreichen neuen Grundrechte und die Sozialziele in der Verfassung
bauen die Eigenverantwortung der Bürger ab und fördern die Anspruchsmentalität
gegenüber dem Staat. Mehr Staatsausgaben, mehr Umverteilung, mehr
Sozialismus und höhere Steuern zulasten des Mittelstandes werden
die Folge sein.
Völkerrecht bricht Landesrecht
Von zentraler Bedeutung ist zudem, dass die neue Verfassung alles in der
Schweiz gültige Recht dem Völkerrecht unterstellt. Dies entspricht
zwar seit einigen Jahren der gängigen Praxis des Bundesgerichts und
der Bundesverwaltung; dem Volk wurde diese Frage aber bisher noch nie
vorgelegt. Es hätte sie mit Sicherheit abgelehnt.
Abweichende Bestimmungen des Völkerrechts bewirkten ursprünglich
lediglich einen Auftrag an den Gesetzgeber, nötige Anpassungen des
Landesrechts vorzulegen. Der letzte Entscheid über die Umsetzung
von Völkerrecht ins Landesrecht lag aber beim Volk, wie dies heute
beispielsweise auch in Deutschland und in den USA der Fall ist. Diese
verfassungsmässig sanktionierte Ausschaltung des Volkes durch die
Hintertür muss verhindert werden!
Die neue Verfassung ist ein typisches Produkt der derzeitigen Mitte-links-Politik
von Bundesrat und Parlament. Ein Nein am 18. April drängt sich daher
auf.
Hans Fehr, Geschäftsführer AUNS, Eglisau
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