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Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Zur "Neustrukturierung des Asylbereichs" - Noch mehr Illegale, noch höhere Kosten?

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission

Meine Beiträge im Jahr 2016

BaZ vom 12.4.2016

Wir haben in der Schweiz (wie auch in der EU) im Grunde genommen keine Flüchtlingskrise sondern eine Führungskrise: Es fehlt der politische Wille und die Führungsstärke der Verantwortlichen, das Asylrecht im Sinn der Genfer Konvention durchzusetzen, wonach nur als Flüchtling gilt, wer "persönlich an Leib und Leben bedroht" ist. Zudem hat Bunderätin Sommaruga vor einigen Monaten die Willkommens-Botschaft "Wir werden niemanden in eine Diktatur zurückschicken" hinausposaunt und damit die Tür für Millionen potenzieller Zuwanderer geöffnet. Die "Neustrukturierung des Asylbereichs", über die wir am 5. Juni abstimmen, würde die Schweiz für illegale Zuwanderer noch attraktiver machen.

Wer in unser Land kommt und "Asyl" sagt, hat grosse Chancen, dass er insbesondere als "vorläufig" Aufgenommener bleiben kann. Von den 66'352 "Personen im Asylprozess" (Stand Ende 2015) - ohne die rund 40'000 anerkannten Flüchtlinge - gehören 33'059, also die Hälfte, zu dieser "Kategorie". Wiederum die Hälfte davon sind seit 7-20 Jahren hier. Tausende stammen aus den sicheren Balkanstaaten. "Vorläufig" Aufgenommene sind allesamt Asylbewerber mit einem rechtskräftig abgelehnten Asylgesuch. Ihre Rückführung ist aber angeblich nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar. Sie belasten unsere Infrastruktur und das Sozialwesen enorm. Dieser Missstand muss endlich behoben werden. Im Departement Sommaruga tut sich aber wenig bis nichts.

2015 wurden in unserem Land rund 40'000 Asylgesuche gestellt (plus 44% gegenüber 2014). An erster Stelle stehen vorab junge Männer aus Eritrea: 2014 haben rund 7000 ein Gesuch gestellt, 2015 waren es fast 10'000. Das entspricht vergleichsweise 170 neue Zentren à 100 Eritreer innert 2 Jahren. Sie bleiben hier, obwohl sie in aller Regel keine Flüchtlinge sind. Die Abklärungen vor Ort durch die dänischen und norwegischen Migrationsämter sowie durch Urs von Arb, Vizedirektor im Staatssekretariat für Migration (SEM), ergaben übereinstimmend, dass sich die Menschenrechtslage gebessert hat und keineswegs "nordkoreanisch" ist. Frau Sommaruga will diese Berichte nicht zur Kenntnis nehmen. Mit Eritrea sind endlich diplomatische Kontakte anzubahnen, damit sich im Asylbereich etwas "bewegt".

"Schengen und Dublin sind tot"

2002, also vor dem Schengen/Dublin-Abkommen, hat das Grenzwachtkorps an unserer Grenze 110'127 Personen zurückgewiesen, 32'290 Personen wurden der Polizei übergeben und 7405 wurden bei der illegalen Einreise aufgegriffen. Zudem wurden 4823 Zuwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und 1986 Ausweisfälschungen aufgedeckt.

Solche Erfolgszahlen sind seit Schengen/Dublin Vergangenheit. Das "Schengen-Evangelium" lautet bekanntlich: "Die Binnengrenzen dürfen an jeder Stelle ohne Personenkontrolle überschritten werden". Die zum Ausgleich vorgesehene rigorose Sicherung der Schengen-Aussengrenze ist und bleibt jedoch eine Illusion. Sogar Bundeskanzlerin Merkel hat eingestanden: "Schengen und Dublin sind tot." Bundesrätin Sommaruga behauptet tapfer das Gegenteil. Etliche EU-Länder haben das "grenzenlose Schengen-Europa" ausser Kraft gesetzt und wieder Grenzkontrollen eingeführt oder sogar Grenzzäune errichtet. Auch das "Dublin-Abkommen" für den Asylbereich ist weitgehend "tot": Die Rückführung von Asylbewerbern, die über einen sicheren Drittstaat in unser Land gekommen sind, funktioniert immer weniger.

SDafür explodieren die Kosten. Statt der vom Bundesrat behaupteten 7,4 Millionen zahlen wir für Schengen über 100 Millionen Franken pro Jahr. Die Vollkosten für unser Asylwesen werden auf jährlich mindestens drei Milliarden Franken geschätzt - Tendenz steigend. Zusammen mit der Entwicklungshilfe von rund 3250 Millionen Franken macht das jährlich über 6 Milliarden Franken aus.

Neustrukturierung des Asylbereichs?

Die vorgesehene "Neustrukturierung des Asylbereichs" mit neuen Regionalzentren und 5000 zusätzlichen Plätzen, mit angeblich beschleunigten Verfahren und Kosten von (vorerst) 550 Millionen Franken, ist ein Irrweg. Sie löst kein einziges der drängenden Probleme - im Gegenteil:

  • Die unentgeltliche Rechtsberatung für jeden Asylbewerber macht das Asylparadies Schweiz noch attraktiver. Die Verfahren werden letztlich nicht beschleunigt, sondern mit staatlicher Hilfe verlängert. Holland, mit einem ähnlichen System, hat eine Rekurshäufigkeit von 90%.
  • Dass der Bau neuer Asylzentren auch mit Enteignungsverfahren durchgesetzt werden soll, ist nicht akzeptabel. Es geht nicht an, dass Kantone und Gemeinden die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen der Bund durch eine falsche Asylpolitik zunehmend einbrockt.
  • Die angeblich positiven Erfahrungen im "Testzentrum" Zürich (das ich besucht habe), sind eine Beschönigung der Situation unter Spezialbedingungen. So erhalten freiwillige Rückkehrer die doppelte "Rückkehrhilfe" als üblich; sie kann mehrere tausend Franken betragen.

  • Fazit: Die falsche Botschaft, welche die "Neustrukturierung" nach aussen sendet, lautet: "Kommt in die Schweiz! Wir bauen tausende zusätzlicher Asylplätze. Und jeder bekommt einen Gratisanwalt. Wer einmal da ist, hat alle Chancen, für lange oder für immer zu bleiben, und es wird für ihn gesorgt."

    Die richtige Botschaft (im Sinn der Genfer Konvention) muss lauten: "Keiner kann in der Schweiz bleiben - ausser er ist persönlich an Leib und Leben bedroht." Konkret: Wir sollten uns auf die humanitäre Hilfe vor Ort, vor allem in den riesigen Flüchtlingslagern der Türkei, Jordaniens und des Libanon, konzentrieren. Zweitens: Um die Attraktivität der Schweiz für jene, die lediglich ein besseres Leben suchen, zugunsten der echten Flüchtlinge zu senken, braucht es vor allem eine konsequente Grenzkontrolle, welche illegale Zuwanderer wegweist. Nur so können wir jenen, die an Leib und Leben bedroht sind, weiterhin Schutz gewähren. Darum muss die "Neustrukturierung" am 5. Juni abgelehnt werden.