Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Teil 7 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikIm Verlauf des Sommers und Spätsommers 1987 nimmt die sich
abzeichnende Kampfwahl für den Ständerat - Christoph Blocher
(plus Rico Jagmetti, FDP) contra Monika Weber, LdU - mehr und
mehr Formen an. Für uns ist es klar: Für den führenden
Wirtschaftskanton Zürich gibt es zum profilierten Politiker
und Unternehmer Blocher keine Alternative. Es muss alles getan
werden, um die "Konsumentenschützerin" Monika Weber, deren
staatsinterventionistische Grundhaltung immer wieder zum
Ausdruck kommt, zu verhindern. Entscheidend wird - einmal mehr
- sein, ob die "bürgerliche Achse" hält und sich nicht nur als
wohlklingende Deklamation insbesondere von Seiten der FDP
erweisen wird.
Am 22. August feiert die Zürcher SVP aber zuerst einmal würdig und
fröhlich ihren 70. Geburtstag in der Bülacher Stadthalle. "Eine
liberale Politik auf festem Fundament. Eine Politik der Grundsätze.
Effizient statt Effekte": Diese Haltung sei bei seinen Zürcher
Parteifreunden besonders ausgeprägt, betont Gastredner und
Bundesrat Dr. Leon Schlumpf. Parteipräsident und Ständeratskandidat
Christoph Blocher schildert die Entwicklung der Partei von der
Gründung der "Grossen politischen Kommission des Zürcher
Landwirtschaftlichen Kantonalvereins" im Jahre 1917 bis zur Gegenwart.
Die SVP habe einen wesentlichen Anteil am guten Zustand des Kantons
Zürich und wisse, was es heisst, Verantwortung zu tragen. Und sie
werde diese Verantwortung weiterhin wahrnehmen. Adolf Ogi,
Präsident der SVP Schweiz, ruft mit aller Vehemenz zum engagierten
Kampf für die Herbstwahlen auf.
Derweil verfasst der unvergessliche Bauerndichter Willy Peter zu "Sibezg
Jaar SVP Kanton Züri" das nachstehende (hier auszugsweise abgedruckte) Gedicht:
Mir gratuliered!
7x10 isch immer na jung:
D SVP chunnt jetz so richtig in Schwung!
Si stützt sich ufs Wüsse, isch zääch und isch chnochig,
s Alt isch erfaare und s Nöii isch blochig.
Si würkt resoluut und sicher und tütli.
D Urwüchsigkeit zeiget zrugg bis ufs Rütli.
7x10, e stattlichi Zyt!
Bhalted i rüschtig, de Wääg isch na wyt.
Hindernis chömed, vil Alts gaat verlore:
Chömed! Wo gstorbe wiirt, wiirt au gebore.
7x10, de Baum isch iez rüschtig,
er hät gsundi Escht und d Wurzle sind chüschtig,
er kännt alli Wätter, er trotzt jedem Wind,
und näbet em Stamm gedeit iez es Chind!
Es glychet em Vater und politisiert
es tänkt mängsmal andersch und karikatiert,
es läbt scho vom äigne politische Fueter
und loset nid immer uf Vater und Mueter.
Esoo holt s Chind Chraft,
Esoo holt s Chind Schwung
und bhaltet durs Tänke
ä d Eltere jung.
D SVP läbt und mir läbed mit,
pfläged de Bode und chnätted de Kitt
zwüschet de Junge und zwüschet den Alte:
Esoo chan en Baum sich würkli enfalte,
bhauptet sin Platz und säit: Ich bi daa!
Gmögig und chreftig und blybe da staa!
Tanke fürs Wachse! Und tanke fürs Sy!
Du läbsch fürs Gwäärb und läbsch für de Chly.
Du läbsch für öis alli und tuesch es au kund.
Blyb eso läbig und blyb eso gsund!
Bald kehrt aber der politische Alltag wieder zurück - und zwar heftig.
Blocher leistet einen enormen Einsatz an einer Vielzahl von
bürgerlichen und kontradiktorischen Podiumsveranstaltungen und an
Vorträgen. Seine Kontrahentin Monika Weber scheut aber die direkte
politische Auseinandersetzung unter allerlei Ausflüchten weitgehend.
Denn wenn es wirklich hart um harte Fakten und um die Sache geht,
hat sie wenig "Brot". Und von den meisten Medien wird sie ohnehin
gehätschelt.
Wir plakatieren den Kanton Zürich praktisch flächendeckend.
Inseratekampagnen rücken Christoph Blocher als erfolgreichen Unternehmer
und Garanten für einen erfolgreichen Kanton Zürich ins Zentrum und
betonen die Notwendigkeit einer bürgerlichen Standesvertretung.
Generell muss der rot-grünen Abbruch-Politik Einhalt geboten werden.
Der eigentliche Auftakt zur letzten ("heissen") Phase des Wahlkampfes
ist die Pressekonferenz vom 18. September (genau einen Monat vor dem
Wahltag) zum Thema "Kompetente Zürcher Standesvertreter nach Bern".
Nachdem sich der scheidende Ständerat Jakob Stucki zur "Bedeutung
einer geschlossenen bürgerlichen Vertretung für den Stand Zürich"
geäussert hat ("Jagmetti und Blocher bürgen für einen klaren Kurs
in Bern") ergreift Blocher das Wort: "Der Kanton Zürich mit rund
540'000 Arbeitsplätzen ist wirtschaftlich und finanziell der
bedeutendste Stand der Eidgenossenschaft - quasi die Drehscheibe
unter den Kantonen. Die Zürcher Standesvertreter müssen dazu beitragen,
dass dieser Drehscheibe der nötige Freiraum zukommt und dass der
Kanton Zürich nicht ausgenützt wird.
Zahlreiche Persönlichkeiten wie Peter Clavadetscher, Direktor
des Schweizerischen Gewerbeverbandes, setzen sich vehement für
Christoph Blocher ein: "Blocher ist ein Mann mit Mut und
Ehrlichkeit. Er hat eine feste Überzeugung und tritt konsequent
dafür ein. Ein Wort ist bei ihm ein Wort. Er steht auf festem
Fundament, trägt Verantwortung und kämpft mit offenem Visier.
Seine Politik ist berechenbar und transparent. Auch im heftigsten
Streit um die Sache respektiert er seine Gegner. Was braucht es
mehr? Intelligenz, Erfahrung, Realitätssinn: An allem fehlt es
Blocher beileibe nicht. Ein würdiger Standesvertreter für den
Kanton Zürich!"
Eines Abends gegen Ende des Wahlkampfes nehmen Christoph Blocher,
Werbefachmann Hans Rudolf Abächerli und ich spätabends eine
letzte Lagebeurteilung vor der Wahltag vor und kommen zum Schluss,
noch eine Inseratekampagne zu lancieren, die aufrütteln und
mobilisieren soll. Nach Mitternacht feilen wir immer noch am Text
- und dieser wird infolge allgemeiner Ermüdung immer länger und
komplizierter. Schliesslich holt Abächerli eine gute Flasche Wein,
wir stossen an, und die Lebensgeister erwachen wieder. Etwa um
zwei Uhr morgens haben wir den Text "entschlackt", vereinfacht
und auf den Punkt gebracht und gehen todmüde aber zufrieden nach Hause.
Am Wahltag, dem 18. Oktober 1987, zeigt sich bald: Trotz
unserem mit Abstand bestqualifizierten Kandidaten und trotz aller
Anstrengungen ist der Ständeratssitz nicht zu gewinnen. Der "Wall",
den die vereinigte Linke im Verbund mit den grünen und den
sogenannten Mitte-Parteien gegen die Wahl Christoph Blochers in
den Ständerat aufgebaut hat, zeigt Wirkung: Blocher wird zwar mit
einem hervorragenden Resultat als Nationalrat bestätigt. Statt
des profilierten SVP-Präsidenten zieht jedoch mit Monika Weber
ein durchaus charmantes und optimal vermarktetes, aber doch
ausgesprochen leichtgewichtiges Kaliber als Zürcher Vertretung
ins Stöckli.
(Fortsetzung folgt)