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Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Augenschein an der Maginotlinie (Werk Hackenberg)

Von Nationalrat Hans Fehr, SVP/ZH, Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Eglisau

Meine Beiträge im Jahr 2015

Beitrag vom 10. August 2015

Die Maginotlinie, benannt nach dem französischen Kriegsminister André Maginot und erbaut zwischen 1930 und 1940, war ein gewaltiger Festungsgürtel zur Sicherung der französischen Nordost- und Südostgrenze. Sie erstreckte sich über rund 1000 Kilometer von Flandern bis in die Region Belfort und weiter längs der Südalpen. Wesentliche Teile können heute noch besichtigt werden.

Die Artilleriewerkgruppe Hackenberg, 15 km östlich von Thionville in Lothringen, die zum Festungsgürtel Metz gehört, macht unserer kleinen Reisegruppe einen gewaltigen Eindruck. Hackenberg ist - neben dem Werk Hochwald im Elsass - das grösste Werk der Maginotlinie. Es ist ein Doppelwerk; die Kampfbunker stehen in zwei Gruppen, verbunden durch mehrere Kilometer lange Tunnels, durch die eine Festungseisenbahn Material- und Munition transportierte, welche heute den Touristen dient. Die Festung besass neun Geschütze mit Kaliber 7,5 cm, fünf 13,5 cm Haubitzen, vier 8,1 cm Granatwerfer, sieben Panzerabwehrkanonen 3,7 cm, 15 Zwillingsmaschinengewehre sowie 59 leichte Maschinengewehre und Granatwerfer 5 cm. Die Besatzung betrug gut 1000 Mann.

Festungstradition der Franzosen
Nach der für die Franzosen trotz gewaltigem Blutzoll (u.a. Verdun) insgesamt erfolgreichen Verteidigungsstrategie im I. Weltkrieg wollte Frankreich vor allem seine besonders gefährdete Nord-Ost-Grenze mit einem gewaltigen Festungsgürtel sichern. Dies in Fortsetzung und Vollendung einer während Jahrhunderten gepflegten Festungstradition durch Ingenieure wie Vauban, Montalembert, Haxo - und eben André Maginot, der als Kriegsminister um 1930 im Amt war.

Entstehung der Maginotlinie
1930 beschlossen die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung, Frankreich mit einem "Wall aus Beton und Stahl" zu umgeben. Die alten Befestigungen, erbaut nach 1870/71 (u.a. Verdun, Epinal, Toul, Belfort) waren veraltet oder zerstört und lagen zum Teil am falschen Ort, nachdem im November 1919 das Elsass und Lothringen wieder zu Frankreich gekommen waren. Zudem gab es für die Maginotlinie auch einen wirtschaftlichen sowie einen demografischen Grund: Einerseits wollte man das wegen seiner Industrie, den Kohle- und Eisenerzbergwerken besonders gefährdete Lothringen schützen. Anderseits wollte Frankreich, das im 1. Weltkrieg 1,4 Millionen Soldaten verloren hatte, mit der gigantischen Befestigung Menschen "einsparen".

Weil die Planung bereits weitgehend abgeschlossen war, wurde 1930 nach der Bewilligung der Gelder (rund 3 Milliarden Francs für 1930-34, insgesamt über 6 Milliarden für die Hauptwerke) sofort an vielen Stellen mit dem Bau der Maginotlinie begonnen. Die Bauten gingen in einem hohen Tempo voran. Oft arbeiteten mehr als 100 Baufirmen mit über 20'000 Bauarbeitern gleichzeitig.

  • Phase 1925-29: Planungen und Bau von Prototypen
  • 1930-35: Bau/Einrichtung der grossen Artillerie- und Infanteriewerke, Kasematten, Unterstände
  • 1935-40: Verstärkungen, aber auch Sparmassnahmen: Werke wurden erstellt ohne Vollausbau, ohne Artillerie, oft auf Maschinengewehr-Unterstände reduziert - insbesondere im Westen zwischen Flandern und Sedan, was sich 1940 als verhängnisvoll erweisen sollte.
  • Von 1930-40 wurden gebaut: 58 Werke im Norden/Nordosten Frankreichs, davon 22 mit Artillerie; 50 Werke in den Alpen gegen Italien, davon 22 Artilleriewerke; ferner mehr als 400 Kasematten, Unterstände für Infanterietruppen sowie Beobachtungsbunker.

    Die Maginotlinie erstreckte sich über rund 1000 km von Flandern über die Ardennen, Thionville, Saar/Sarre, Strasbourg bis in die Region Basel/Belfort - und setzte sich fort in Savoyen und den Alpes Maritimes. Sie war insgesamt ein durchgehendes Hindernis gegen Panzer und Infanterie mit voneinander isoliert stehenden Festungswerken. Der Abstand der Hauptwerke von der Grenze betrug etwa 10 km, der gegenseitige Abstand etwa 5 km. Stacheldrahtfelder, Panzersperren, Panzergräben, Wasserhindernisse ergänzten die Festungen. Je nach Grösse hatten die Hauptwerke eine Besatzung von 600 bis zu 1000 Mann.

    Die Maginotlinie - ein gigantischer Irrtum?
    Die Maginotlinie war kein "gigantischer Irrtum", wie gelegentlich behauptet wird, sie hatte durchaus ihren Sinn und ihren Wert. Bei Kosten für die Hauptwerke von insgesamt 6 Milliarden Francs (1,6% des Haushalts) war die Maginotlinie ein modernes, tiefgestaffeltes Verteidigungswerk, das im Kriegsfall vor allem einen geordneten Aufmarsch der französischen Korps und Divisionen sicherstellen sollte. Teile des Festungswerks, die in Kampfhandlungen einbezogen wurden und mit schweren Waffen ausgerüstet waren, haben deutsche Angriffe zum Teil während längeren Phasen erfolgreich abgewehrt und ihnen schwere Verluste beigebracht. Beispiele sind u.a. die Artilleriewerke Fermont (Region Metz) und Michelsberg (Region Boulay). Die Artilleriewerke Schoenenbourg, Hochwald und Four à Chaux haben im Juni 1940 jeden deutschen Durchbruchsversuch zwischen Vogesen und Rhein verhindert.

    Fazit: Wo die Maginotlinie vollständig ausgebaut war, gab es kein Durchkommen. Nur dort, wo aus Sparsamkeit schwächer oder gar nicht ausgebaut worden war, hatten feindliche Angriffe Erfolg.

    Bis zum Tag des Waffenstillstands, dem 25. Juni 1940, hielten sich die Werke in Nordfrankreich mit mehr als 22'000 Mann. Sie harrten aus bis zum 1. Juli, als vom französischen Oberkommando der Befehl kam, die Werke in intaktem Zustand den Deutschen zu übergeben.

    Das Hauptproblem lag in der französischen Führung, welche sich starr an die Maginotlinie klammerte, statt die Festungen in ein dynamisches, offensives Kampfkonzept einzubinden - mit der Möglichkeit eines Angriffs auf Hitler-Deutschland. Genau diesen Fall befürchtete Hitler. Nur schon ein überzeugender französischer Aufmarsch hätte Hitler wohl vom Polenfeldzug abgehalten. Weil das Oberkommando der Wehrmacht die Maginotlinie als bedeutenden Faktor in Rechnung stellte, wurde der Hauptvorstoss ab dem 10. Mai 1940 durch die Ardennen geführt - genau dort, wo das Festungsgebiet von Metz endete.

    Und die Schweiz?
    Die Frage stellt sich: Ist es nicht kurzsichtig, dass viele Festungswerke und Bunker in unserem Land voreilig stillgelegt werden oder bereits stillgelegt sind? Meines Erachtens können grosse Festungswerke, Verteidigungsanlagen und wichtige permanente Sprengobjekte in einem Ernstfall immer noch wichtige Dienste leisten, sofern sie mit modernen Waffen ausgerüstet sind. Das Verteidigungsdepartement muss hier unbedingt über die Bücher gehen, bevor es zu spät ist.