Die Befürworter der Militärgesetzrevision
vom 10. Juni 2001 zeichnen unermüdlich das schöne aber falsche
Bild von Schweizer "Friedenstruppen" im Ausland, die man zum
"Selbstschutz" ein wenig bewaffnen müsse.
Das Militärgesetz will aber etwas ganz anderes: Unter dem harmlosen
Titel "Ausbildungszusammenarbeit" und "Bewaffnung zum Selbstschutz"
soll ein radikaler Kurswechsel in unserer Sicherheits- und Verteidigungspolitik
vorangetrieben werden. Schweizer Soldaten sollen in ausländischen
Konflikt- und Kampfgebieten eingesetzt werden, und ausländische Soldaten
sollen das Kriegshandwerk auch in der Schweiz üben. Es geht um die
Teilnahme von Schweizer Truppen an ausländischen Kriegen, um die
Kooperation mit der NATO und letztlich um den NATO-Anschluss.
Fakten und Konsequenzen
Die gebetsmühlenartig beschworene Unterscheidung von "friedensunterstützenden"
und "friedenserzwingenden" Militäreinsätzen ist völlig
realitätsfremd. Auch bei sogenannt "friedensunterstützenden"
Einsätzen kann es unvermittelt zu Kampfhandlungen kommen (aktuelles
Beispiel Tetovo, Mazedonien). Wer dabei ist, ist Kriegspartei.
NATO-General Naumann hat am Jahresrapport der Territorial-Division 4 am
15. Januar 2000 in St. Gallen Klartext gesprochen: "Wer einen Militäreinsatz
beschliesst, der muss die Strasse bis zu ihrem Ende gehen. Er muss akzeptieren,
dass er Tote nach Hause bringen wird. Und er sagt ja zu jeder anfänglich
nicht erkennbaren Eskalation, die aus der Beteiligung an einem Konflikt
resultiert. Die UNO und die NATO verlangen (aufgrund des sogenannten Brahimi-Berichts)
auch für "friedensfördernde" Einsätze eine "robuste
Doktrin". Das heisst: Auch für solche Einsätze braucht
es ausschliesslich Soldaten, die kämpfen und den Gegner besiegen
können.
In den "Grundlagen der militärstrategischen Doktrin" vom
Februar 2000 steht unmissverständlich: "Die Schweizer Armee
ist als Gesamtsystem auf Interoperabilität auszurichten," das
heisst auf NATO-Unterstellungsfähigkeit. Dieser Prozess ist schon
weit fortgeschritten bezüglich englische Sprache, Führungs-
und Einsatzdoktrin, Armeegliederung, Übungen von Stäben, NATO-Signaturen,
Waffen und Material. Bereits haben französische Kampfpanzer auf der
Wichlenalp Schiessübungen durchgeführt. Schweizer Piloten üben
die Luftbetankung. Mit dem bizarren Konzept der "Vorne-verteidigung"
soll die Schweizer Armee im Rahmen der NATO bis 300 Kilometer vor unserer
Landesgrenze einen allfälligen Abwehrkampf führen können.
Das VBS fordert bewaffnete Transporthelikopter für hunderte von Millionen
Franken.
Im Armeeleitbild XXI vom 21.2.2001, Seite 24, heisst es wörtlich:
"Mittelfristig soll die Armee fähig sein, sich an einer friedensunterstützenden
Operation mit einem Bataillon (Infanteriebataillon, verstärkt...)
während unbestimmter Zeit zu beteiligen. Dabei sollte (...) die Verantwortung
für einen eigenen Einsatzraum übernommen werden können."
Wer behauptet, es gehe lediglich darum, dass die Swisscoy-Soldaten beispielsweise
eine "bewaffnete Kantonnementswache" stellen könnten, liegt
meilenweit neben der Realität, oder er betreibt Desinformation.
Für fremde Händel sterben?
Die Kernfrage lautet: Sollen Schweizer Soldaten an fremden Kriegen teilnehmen?
Sollen sie für fremde Händel sterben? Wollen wir unter dem hohlen
Schlagwort "Sicherheit durch Kooperation" unser hochmodernes
und erfolgreiches Sicherheitsinstrument der schweizerischen Neutralität
und unsere 200jährige Friedenstradition preisgeben? Es ist doch wohl
klüger, wenn wir uns strikte aus fremden Konflikten heraushalten
und wenn sich unsere Widerstandsarmee auf den Schutz des eigenen Landes
konzentriert. Im Ausland leisten wir unparteiische humanitäre Hilfe
durch Zivile (Rotes Kreuz, Katastrophenhilfekorps, weitere Hilfswerke)
und Friedensdiplomatie. Unser klares Konzept muss heissen: Keine Schweizer
Soldaten im Ausland - keine ausländischen Soldaten in der
Schweiz. Das heisst: 2x Nein zum Militärgesetz am 10. Juni 2001!
von Nationalrat Hans Fehr, Geschäftsführer AUNS,
Eglisau
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