Herr Andreas von Stechow, seit einigen Wochen Botschafter der Bundesrepublik
Deutschland in Bern, hat sich in der Sonntagspresse kürzlich weit
aus dem Fenster gelehnt und sich - höflich ausgedrückt - sehr
undiplomatisch in die Angelegenheiten seines Gastlandes eingemischt.
Einerseits warnt er das Schweizer Volk unverblümt vor einem Nein
zur Kohäsionsmil-liarde an die neuen EU-Oststaaten. Ein Nein würde
bedeuten, dass die Schweiz im Rahmen einer Verhandlung "nicht satisfaktionsfähig"
sei; das schädige die "Reputati-on" eines Verhandlungspartners,
droht der Herr Botschafter. Anderseits macht er sich zum Vasallen und
zum Wasserträger der Brüsseler Bürokraten mit der gewagten
Aussage, die EU werde die "kantonalen Tiefsteuertarife nicht hinnehmen"
und ihr Druck auf unser Land in Steuerfragen werde zunehmen.
Man glaubt zu träumen und fragt sich zwischen Wut und Kopfschütteln:
Hat der Herr Botschafter noch nie etwas von der direkten Demokratie, dem
Föderalismus und der Volkssouveränität seines Gastlandes
gehört? Hat er noch nicht zur Kenntnis ge-nommen, dass bei uns die
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die wichtigen Ent-scheide treffen
können und dass wir auf Ratschläge und Drohungen von aussen
gerne verzichten? Und hat er noch nicht zur Kenntnis genommen, dass die
Kantone - insbesondere im Steuerbereich - weitgehend eigenständig
sind?
Offensichtlich braucht Herr von Stechow Nachhilfeunterricht in schweizerischer
De-mokratie. Dieser Ansicht ist scheinbar auch der Bundesrat, der laut
SonntagsZeitung vom 2. April 2006 mit "Empörung" auf die
Äusserungen des Herrn von Stechow rea-giert hat.
Es ist höchste Zeit, dass der deutsche Botschafter von Bundesrätin
Calmy-Rey zu einer Aussprache und zu einer staatsbürgerlichen Lektion
zitiert wird. Weil unsere Aussenministerin aber als glühende Anhängerin
eines EU-Beitritts bekannt ist und auch immer wieder als wohltätige
Spenderin zulasten der Schweizer Steuerzahler auftritt, ist sie in dieser
Sache wohl eher befangen. Die SVP und die AUNS würden daher die staatsbürgerliche
Lektion für Herrn Botschafter von Stechow gerne über-nehmen,
und das erst noch kostenlos.
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