Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz im heutigen Südpolen steht als Inbegriff des Schreckens für den grössten systematischen Massenmord der Geschichte. An dieser apokalyptischen Stätte des Grauens haben die Nazis und ihre Helfershelfer gegen 1,5 Millionen Menschen ermordet bzw. „durch Arbeit vernichtet“. Rund 90 % waren Juden, dazu kamen Zigeuner und andere durch das NS-Regime verfolgte Gruppen. Der riesige Lagerkomplex wurde sukzessive auf rund 200 Hektaren ausgebaut und umfasste schliesslich das Konzentrationslager (KZ) Auschwitz I (das sogenannte Stammlager), das Vernichtungslager Birkenau, das KZ Auschwitz II sowie das KZ Monowitz. Was die Soldaten der Roten Armee am 27. Januar 1945 auf dem Gelände antrafen, war unbeschreiblich.
Bereits am 20. Januar 1942 hatte in Berlin die „Wannsee-Konferenz“ unter der Leitung von Reinhard Heydrich, des „Schlächters von Prag“, stattgefunden. Dort war die konkrete Umsetzung der bereits vorher beschlossenen „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen worden. Auch wurde gemäss der detaillierten Protokollführung von Adolf Eichmann (1962 hingerichtet) festgelegt, wer als Jude, Halbjude bzw. je nach Verwandtschaftsgrad, wie „behandelt“ werden solle.
Mit Sicherheit ab Mitte 1942 wussten das alliierte Oberkommando, diverse Regierungen und Diplomaten sowie Würdenträger der Kirche bis hin zu Papst Pius XII (1939-58) und weitere Kreise Bescheid, was in den Konzentrationslagern und insbesondere in Auschwitz geschah. Aber entweder glaubte man den Berichten zumindest anfänglich nicht, man verzichtete unverständlicherweise auf eine Bombardierung der Zufahrtswege und gewisser Infrastrukturen, um die Todestransporte zu unterbinden, oder man begnügte sich – wie der Papst – mit allgemeinen Appellen, ohne die Verantwortlichen beim Namen zu nennen. Letzteres aus Angst, die Nazis würden dann sogar den Vatikan besetzen. So konnte die millionenfache Todesmaschinerie weitergehen bis fast zum Untergang des „1‘000-jährigen Reiches“ am 8. Mai 1945.
Stalingrad (Auszug aus meinem Reisebericht vom August 2010)
Bei 42 Grad Celsius und einem fast unerträglich heissen Wind scheint die Steppe 25 Kilometer nördlich vom Zentrum Stalingrads (seit 1961 Wolgograd genannt) zu kochen. Gegen 200'000 Tote von den Kämpfen zwischen Don und Wolga haben beim ehemaligen Dorf Rossoschka ihre letzte Ruhestätte gefunden. Hier haben erbitterte Kämpfe zwischen der 6. Deutschen Armee und der Roten Armee stattgefunden. Vom Spätsommer 1942 bis zum 2. Februar 1943, bei Temperaturen von zunächst 40 Grad über Null und später bis 40 Grad unter Null, hat um die Stadt mit dem für Hitler magischen Namen eine erbarmungslose Schlacht um jedes Haus, um jede Ruine getobt.
Am 23. November 1942 hatte die Rote Armee unter dem Oberbefehl von Marschall Schukow die 6. Armee von Generaloberst Friedrich Paulus, die ursprünglich (samt verbündeten Truppen) rund 300‘000 Mann zählte, eingekesselt. Der Kessel wurde von mehreren sowjetischen Armeen immer mehr eingedrückt und vom Nachschub abgeschnitten. Am 31. Januar 1943 wurde der kurz zuvor noch zum Feldmarschall beförderte Paulus im Kommandoposten der 71. Infanteriedivision gefangen genommen. Dieser Kellerbunker im damals einzigen Warenhaus der Stadt ist unversehrt geblieben. Am 2. Februar 1943 haben die letzten deutschen Kräfte im Kessel kapituliert. Die 91'000 Überlebenden kamen in sowjetische Gefangenschaft, wo in der Folge die meisten wegen Krankheiten und Entbehrungen umgekommen sind; nur etwa 6‘000 Soldaten haben ihre Heimat wieder gesehen.
Stalingrad war die entscheidende Wende für den weiteren Kriegsverlauf an der Ostfront. Die russischen Kämpfer wurden von den Sowjets verständlicherweise zu Helden und Stalingrad zur Heldenstadt erklärt. Der besonders hart umkämpfte Mamaj-Hügel ist heute ein riesiges Heldenmonument, dominiert von der 85 Meter hohen „Mutter Heimat“ aus Beton, die mit gezogenem Schwert zum weiteren Kampf gegen die Faschisten aufruft.
Beide Tragödien (auch wenn sie natürlich nicht vergleichbar sind) hätten wohl vermieden werden können, wenn die Westmächte Hitler frühzeitig die Stirn geboten hätte – also bereits bei der widerrechtlichen Rheinlandbesetzung 1936. Machtbessenen darf man keine Zugeständnisse machen, denn sie werden dann erst recht „keine Ruhe geben“. Diese Erkenntnis kann man m.E. auch auf Putins Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen die Ukraine übertragen.