Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



"Hausbesetzungen werden innert 24 Stunden geräumt"

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission

Meine Beiträge im Jahr 2016

Gastbeitrag BaZ vom 9.11.2016

"Wir sind gewillt, die Regeln durchzusetzen. Die Lärmsituation im besetzten Koch-Areal hat sich verbessert. Unsere Duldungspolitik hat sich bewährt." So und ähnlich lauteten die Schlagzeilen in den Zeitungen, nachdem der Stadtzürcher Finanzvorstand Daniel Leupi, der den befangenen Sicherheitsvorsteher Richard Wolff im "Koch-Areal-Dossier" abgelöst hat, vor den Medien kürzlich den angeblichen "Befreiungsschlag" verkündete. Wolff, dessen Söhne im besetzten Areal verkehren, hatte seit Jahren die Besetzerszene geduldet, für einen "unaufgeregten Umgang" mit Hausbesetzern plädiert und ihren "multikulturellen Beitrag" gelobt.

Kapitulation des Rechtsstaates

Hausbesetzungen und rechtsfreie Räume, die insbesondere von rot-grünen Regierungen geduldet und sogar als "kulturelle Bereicherung" empfunden werden, sind in einem Rechtsstaat selbstverständlich untragbar. Allein in diesem Jahr sind in Zürich bis Anfang September 171 Reklamationen wegen massiver Lärmimmissionen um das Koch-Areal eingegangen. Statt für Ordnung zu sorgen und den rechtswidrigen Zustand zu beenden, hat der Zürcher Stadtrat (die Stadt ist Eigentümerin des besetzten Areals) bekanntlich zwei direkt angrenzenden Mietern eine städtische Wohnung in einem andern Quartier angeboten. Die Kapitulation des Rechtsstaates erreichte damit einen vorläufigen "Höhepunkt".

Der "normale" Bürger, der sich an Recht und Ordnung hält - andernfalls wird er bestraft - reibt sich ungläubig die Augen. Lebt er in einer Bananenrepublik? Ist er im falschen Film? Warum werden mit Besetzern überhaupt "Regeln" ausgehandelt? Kann der Normalbürger, wenn er zu schnell Auto fährt oder zu lange parkiert, auch auf besondere "Regeln" und auf Nachsicht hoffen? Kann ein Normalbürger, dem aus Wut über die fortgesetzte Missachtung von Volksentscheiden in Bundesbern der Kragen platzt und der als Protestreaktion eine Rechtswidrigkeit begeht, auch auf Nachsicht hoffen? "Wahrscheinlich wohl eher kaum", würde ein ehemaliger Instruktionsoffizier antworten, der die Erfolgsaussichten von schlechten Entschlüssen jeweils mit diesen Worten abqualifiziert hat.

Keine Änderung in Sicht

In Zürich wird sich auch mit der neuen Zuständigkeit für das Koch-Areal nichts ändern. Denn der rot-grüne Stadtrat duldet die Besetzung nach eigener Aussage weiterhin - in der Hoffnung, dass die "Regeln" nun eingehalten" werden. Leupi hat betont, an der "pragmatischen" Haltung des Gesamtstadtrates gegenüber Hausbesetzungen ändere sich "grundsätzlich" nichts. Zu den "Begleiterscheinungen" der Besetzung - Lärmimmissionen, Hanfpflanzen, Drogen, illegale Aufbauten, Nicht-Bezahlung von Mehrwertsteuern, Gratisbezug von Strom und Wasser, Diebstähle, Einbrüche und dergleichen - müsse man, so Leupi, "den Weg noch finden". Wo genau die "Toleranzlinie" verlaufen werde, müsse er "im Moment noch offen lassen".

Rechtsstaat durchsetzen

Warum spricht man in einem demokratischen Rechtsstaat bei eindeutigen Straftaten überhaupt von "Toleranzlinie"? Warum duldet man in Zürich eine bereits dreijährige Koch-Areal-Besetzung und weitere 30 "kleinere" Hausbesetzungen? Warum duldet man in Bern seit vielen Jahren den rechtsfreien Raum der Reitschule, von dem immer wieder Gewaltexzesse ausgehen, wo Polizisten angegriffen und verletzt werden?

In Basel gibt es derzeit, seit der Beendigung der Besetzung im Gellert-Quartier im August, zwar (ausnahmsweise) keine der Polizei bekannte Hausbesetzung. Das kann sich jedoch rasch ändern. Die Polizei darf grundsätzlich nur eingreifen, wenn ein Strafantrag vorliegt.

"Anleihe" bei Franz Josef Strauss

Die Frage bleibt: Warum verhandelt man in verschiedenen Städten überhaupt mit Hausbesetzern über gewisse "Regeln" - in der Hoffnung, dass diese vielleicht eingehalten werden? Warum setzt man nicht einfach den Rechtsstaat durch - wie in andern Bereichen auch?

Der legendäre Franz Josef Strauss hat in seinen hochinteressanten 700 seitigen "Erinnerungen" unter anderem beschrieben, wie er seinerzeit das Hausbesetzer-Problem in München und in Bayern gelöst hat. Nämlich mit der strikten Weisung an die Polizei und die zuständigen Behörden: "Jede Hausbesetzung wird immer innert 24 Stunden geräumt". Fortan, so Strauss, habe es keine Hausbesetzungen mehr gegeben, weil jedermann wusste: Die Rechtsordnung wird durchgesetzt.

Darum muss meines Erachtens auch hierzulande - durch Beschluss der Kantonsparlamente oder durch Volksentscheide - eine Rechtsgrundlage geschaffen werden mit der klaren Bestimmung: "Jede Hausbesetzung wird innert 24 (oder meinetwegen 48) Stunden geräumt." Diese Rechtsgrundlage muss die zuständigen Behörden dazu verpflichten, dass Hausbesetzungen innert der genannten Frist geräumt werden.

Die Gewährleistung der Sicherheit und die Durchsetzung der Rechtsordnung ist und bleibt die erste Staatsaufgabe. Die Verwahrlosung des Rechtsstaates muss endlich gestoppt werden.