Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH
Teil 16 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikUm die Jahresmitte 2000 liegt der Jahresbericht des Vorjahres der Strafanstalt Pöschwies in Regensdorf ZH vor. Er offenbart einen insgesamt „sehr angenehmen Strafvollzug“ für die damals 362 Insassen. Immerhin werden sie (noch) nicht „Kunden“ genannt, wie im Sozialbereich zum Teil üblich. Dazu einige Zahlen. Beispiel Verpflegung: Auswahl zwischen Normalkost, Moslemkost, vegetarischen Speisen, Kost für Diabetiker, Rohkost und leichter Kost. Kioskverkauf: 61‘400 Zigarettenpackungen à 20 Stück, 38‘016 Dosen Coca Cola, 25‘584 Dosen Bier. Ausbildung: Diverse Handwerksberufe, v.a. Schreiner, Schlosser, Gärtner. Fernstudium: 4 Studenten. Medizinische Versorgung: 1‘447 Gratisbehandlungen durch betriebseigenen Zahnarzt. Urlaube: insgesamt 1‘319 gutgeheissene Hafturlaube.
Im Juli 2000 höre ich zum ersten Mal aus dem Mund von SVP-Präsident, Nationalrat (und selbstverständlich Auns-Mitglied) Ueli Maurer das Märchen vom „Kaiser mit den neuen Kleidern“ des dänischen Volksdichters Hans Christian Andersen in politischer Anwendung. Der Kaiser wollte allen gefallen und trug aus Eitelkeit mehrmals täglich neue Kleider. Darob vergass er das Regieren und verprasste fast das ganze Staatsvermögen. Das nutzten zwei Spassvögel aus. Sie versprachen für ihn – für viel Geld aus dem noch verbliebenen Staatsschatz – die schönsten Kleider auf der Welt herzustellen. Allerdings würden nur kluge Leute diese herrlichen Kleider sehen, für alle dummen würden sie unsichtbar bleiben.
Das gefiel dem Kaiser, und er willigte in den Handel ein. Weder die Minister noch der Kaiser gestanden sich ein, dass sie von den angeblichen Kleidern gar nichts sahen – damit nahm das Theater seinen Lauf. Und so präsentierte sich der Kaiser dem Volk, das in dichten Reihen an der Strasse stand, seine neuen Kleider. Die Leute erschraken, denn sie konnten keine Kleider sehen. Aber weil es sich so gehörte, applaudierten sie höflich. Denn sie wollten ja nicht dumm sein. Schliesslich brach ein kleines Kind den Bann und rief aus: „Der Kaiser ist ja splitternackt!“
Offensichtlich lassen sich hier wunderbare Parallelen zur Politik machen: Auch bei uns ist es an der Tagesordnung, gewisse (unangenehme) Dinge und Zustände nicht mehr beim Namen zu nennen. „Jahrelang“, so Maurer, „hat man uns die AHV in den schönsten, farbigsten Kleidern geschildert. Nur die SVP hat sich dann getraut zu sagen, die AHV bzw. ihr finanzieller Zustand, sei ja „splitternackt“. Ein Aufschrei – wie auf der kaiserlichen Strasse – erscholl darauf durch Medien und Volk. Maurer nennt als weiteres Beispiel das „Messerstecher“-Inserat: „ Bedenklich ist nicht das Inserat, sondern vielmehr, dass solche Gewalttaten in unseren Städten mehrmals täglich vorkommen – und dass man nicht darüber sprechen darf und sprechen will.“
Ueli Maurer hat Andersens Märchen seither immer wieder „politisch“ benützt, weil der Vergleich (leider) immer wieder zutrifft. Derzeit ist zweifellos das CO2-Gesetz ein aktuelles Beispiel: Dass Frau Sommarugas behauptete Gletscher- und Klimarettung „splitternackt“ gegenüber der Tatsache dasteht, dass dieses unselige Gesetz diesbezüglich keine Wirkung hat, wird weitherum ausgeblendet.
Gegen die Volksinitiative „Ja zu Europa“ (eigentlich müsste sie lauten „Ja zur EU“), über die am 4. März 2001 abgestimmt wird, schiessen wir von der Auns mit aller Kraft. Denn die Initiative verlangt, dass der Bundesrat mit Brüssel Beitrittsverhandlungen aufnimmt. Gewisse linke/europhile Schlaumeier argumentieren, dass Beitritttsverhandlungen noch längst kein Beitritt seien – als würde jemand solche Verhandlungen aufnehmen, ohne beitreten zu wollen...
Wir stellen unseren Mitgliedern und allen Schweizerinnen und Schweizern im Sinne eines Argumentariums dreizehn konkrete Fragen, die ein vernünftiger Mensch nur mit NEIN beantworten kann, so unter anderem:
Wollen Sie die doppelte Mehrwertsteuer bezahlen? Wollen Sie, dass die Schweiz jährlich mindestens fünf Milliarden Franken an Brüssel zahlen muss? Wollen Sie, dass die Wohnungsmieten massiv steigen? Wollen Sie, dass die Arbeitslosenzahl der Schweiz auf EU-Niveau steigt und die Löhne sinken? Wollen Sie den starken Schweizer Franken durch den schwachen Euro ersetzen? Wollen Sie, dass unsere Landwirtschaft ruiniert wird? Wollen Sie die schweizerische Neutralität preisgeben? Wollen Sie unser Land den Despoten in Brüssel unterwerfen? Wollen Sie, dass Kriminelle beliebig in die Schweiz einreisen können? Wollen Sie nach 700-jährigem Kampf unserer Vorfahren für Freiheit und Unabhängigkeit unser Land für immer der Zentralmacht und den Richtern der EU unterwerfen?
Unsere Mitglieder, Gönner und Sympathisanten verteilen eine Million Flugblätter und hängen über 3‘000 Plakate auf. Und siehe da: Die EU-Anschlussinitiative wird am 4. März 2001 mit 76,7 Prozent Nein-Stimmen und durch sämtliche Kantone förmlich weggefegt. Hilflos versuchen Aussenminister Joseph Deiss und weitere EU-Turbos das vernichtende Nein in ein Ja für das „strategische Ziel“ EU-Beitritt umzudeuten. Wir stellen hingegen mit aller Deutlichkeit fest: Es gibt an diesem Verdikt nichts zu rütteln. Das Schweizer Volk will nicht ärmer werden. Es will seine Freiheit und seine weltzweit einzigartigen Rechte nicht verlieren. Es ist einmal mehr die Aufgabe der Auns, dem Volkswillen zum Durchbruch zu verhelfen.
Nachdem auch heute wieder allerlei Schlaumeiereien und Märchen rund um den unsäglichen Rahmenvertrag Schweiz-EU herumgeboten werden, muss den Leuten klar gemacht werden: Dieser Vertrag ist von Grund auf falsch, daran ändern auch einige Retouchen nichts!
(Fortsetzung folgt)