Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 17 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Per Ende 2000 tritt Adolf Ogi, nach 12 Jahren im Amt, als Bundesrat zurück. Auch wenn wir mit seinem sicherheitspolitischen Irrweg („Sicherheit durch Kooperation“), seinem Drang nach der „Nato-Partnerschaft für den Frieden“ und seiner EWR-Begeisterung nichts am Hut haben, so ist doch zu sagen: Im Bereich der Wirtschafts-, Finanz-, Steuer-, Verkehrs-, Sozial-, Asyl- und Ausländerpolitik hat er mit uns in aller Regel am gleichen Strick gezogen. Und er war durch und durch ein volksnaher Magistrat. Auch ist es ihm hoch anzurechnen, dass er beim EWR mit offenen Karten gespielt hat und klipp und klar gesagt hat, der EWR sei lediglich ein „Trainingslager“ für den späteren EU-Beitritt. Zudem ist er nach dem verräterischen Verhalten von Eveline Widmer-Schlumpf der SVP treu geblieben und hat nicht – wie der spätere „halbe SVP-Bundesrat“ Samuel Schmid – zur  BDP (Bürgerlich demokratische Partei, heute praktisch nicht mehr existent) gewechselt.

Als Nachfolgerin für Ogi nominiert die Zürcher SVP Regierungspräsidentin Rita Fuhrer. Die tüchtige Magistratin mit grosser Exekutiverfahrung ist weit über die Partei hinaus akzeptiert. Zudem verfügt sie als Vorsteherin der Direktion für Soziales und Sicherheit mit vielen Kontakten zur Bundesebene  über ein hervorragendes Rüstzeug. Von der SVP des Kantons Thurgau wird zudem Regierungspräsident Roland Eberle ins Rennen geschickt, der ebenfalls einen ausgezeichneten Leistungsausweis besitzt. Damit kommt die SVP den andern Parteien unter der Bundeshauskuppel entgegen, die einen Doppelvorschlag gefordert haben. Beide Kandidaten (aus ursprünglich vier von ihren Kantonalparteien nominierten Bewerbern) werden von der SVP-Fraktion der Bundesversammlung im ersten Wahlgang für die Nachfolge von Adolf Ogi nominiert.

Trotzdem wird in den Medien weiterhin der in der SVP-Fraktion deutlich unterlegene Berner Ständerat Samuel Schmid als Favorit gehandelt. Und die wiederholten Dreckspiele unter der Bundeshauskuppel bei Bundesratswahlen werden einmal mehr Tatsache: Am 6. Dezember 2000 wird der „wilde“ Kandidat Samuel Schmid im 6. Wahlgang gewählt. Und es folgt mit dem unerwünschten Gewählten für die SVP (und auch für Schmid) eine eher schwierige Zeit. Im Übrigen hat Rita Fuhrer trotz den eines Parlaments unwürdigen Spielchen im ersten Wahlgang das beste Resultat erreicht. In einer Volkswahl hätte sie laut Umfragen obenaus geschwungen.

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Nachdem die Revision des Militärgesetzes (für militärische Auslandeinsätze) am 10. Juni 2001 trotz grösstem Einsatz von Auns, SVP und Mitstreitern knapp gutgeheissen worden ist, stellen wir von der Auns fest: „Wir haben den uns von Bundesbern aufgezwungenen ‚Krieg‘ zur Wahrung einer unabhängigen, neutralen Schweiz nicht verloren – wir haben lediglich eine Schlacht verloren.“ Nun heisst es, unverzüglich die Vorbereitungen gegen den Uno-Beitritt an die Hand zu nehmen. Denn ein Beitritt zur politischen Uno bedeutet für unser Land weniger Unabhängigkeit und Sicherheit. Wir müssten einen Vertrag unterschreiben, mit dem der Uno-Sicherheitsrat – also die Grossmächte mit Vetorecht – der Schweiz politische Verpflichtungen, beispielsweise Wirtschaftssanktionen, gegenüber Drittländern, auferlegen kann. Damit würde unsere Neutralität ausgehöhlt.

Der „Fahrplan“ des Bundesrates und von Mitte-links ist klar: Zuerst soll mit dem Einsatz von Schweizer Soldaten in ausländischen Konfliktgebieten der Weg Richtung Nato-Anschluss geebnet werden. Dann soll die Schweiz über den Beitritt zur politischen Uno in die Europäische Union eingebunden werden. Und unsere immerwährende bewaffnete Neutralität wird auf der Strecke bleiben.

Neben den Linken arbeitet auch die FDP auf den Uno-Anschluss hin. Ihre „Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik“, u.a. mit den damaligen FDP-Grössen Christine Beerli (SR/BE), Erika Forster (SR/SG), Otto Schoch (alt SR/AR) und Prof. Dr. Kurt Spillmann, Zürich, stellt fest: „Deshalb drängt sich, wenn die Schweiz einen zuverlässigen internationalen Partner sucht, längerfristig ein Beitritt zur Nato auf.“ Gleichzeitig beteuern die Genannten, sie wollten selbstverständlich an der schweizerischen Neutralität festhalten.

Besonders dümmlich gebärdet sich die mit Steuergeldern finanzierte „Schweizer Revue“, das offizielle Informationsorgan der Auslandschweizer, deren Redaktorin Isabelle Eichenberger in der Nr. 3/2001 folgendes zu berichten weiss: „Es gab auch Schweizer auf der ‚Titanic‘, und vielleicht haben sie ihren Pass mit dem weissen Kreuz geschwenkt, um den Untergang abzuwenden. Doch selbst, wenn sie es getan haben, konnten sie das Schicksal nicht davon überzeugen, dass sie ein Sonderfall seien und deshalb eine Sonderbehandlung verdienten.“

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Nachdem der Bundesrat die Uno-Beitritts-Initiative seinerzeit richtiggehend „bestellt“ und bei jeder Gelegenheit dafür unverhohlen Propaganda gemacht hat, steigert er die Propaganda im Hinblick auf die Abstimmung im Frühjahr 2002 bis zum Geht-nicht-mehr. Beispielsweise streut das Aussenpolitische Departement (Politische Abteilung, Sektion Uno) in hoher Auflage eine über 50-seitige Hochglanz-Propagandabroschüre, die den Uno-Beitritt in den höchsten Tönen lobpreist. Und dies natürlich mit Steuergeldern.

Die Auns hingegen kämpft mit den folgenden zentralen Argumenten gegen den Beitritt: 1. Neutralitäts- und Sicherheitsverlust 2. Geldverschwendung. 3. Macht- und Freiheitsverlust für das Volk. Und wir rufen die Bevölkerung auf, die besonderen Fähigkeiten unseres neutralen Landes ausserhalb der politischen Uno zu  wahren: „Es braucht weltweit wenigstens ein souveränes Land, dass mit seiner strikten Neutralität in besonderem Mass dazu geeignet ist, unparteiische humanitäre Hilfe zu leisten und seine guten Dienste für eine aktive Friedenspolitik anzubieten.“

Dennoch wird der Uno-Beitritt am 3. März 2002 mit 54,6 % Ja-  gegen 45,4 % Neinstimmen gutgeheissen. Und heute gilt es bereits, den nächsten verhängnisvollen Schritt – den Beitritt zum Uno-Sicherheitsrat – abzuwenden.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr