Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 18 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Nach der Abstimmung vom 3. März 2002 über den Uno-Beitritt, der mit 54,6 Prozent Ja- Stimmen und von 12 von 23 Kantonen gutgeheissen wird, ist die Auns als Volksbewegung für die Unabhängigkeit und Neutralität notwendiger denn je. Denn wir kämpfen als einzige starke, überparteiliche Bewegung für die Wahrung dieser zentralen Staatssäulen.

Unsere Analyse der verlorenen Abstimmung

Bei der ersten Uno-Abstimmung 1986 haben die Wirtschaftsverbände – in der Erkenntnis, dass der Uno-Beitritt keine wirtschaftliche sondern eine politische Frage sei – keine Stellung bezogen. Diesmal hat uns die economiesuisse (Dachverband der Wirtschaft) im Stich gelassen. Mehr noch: Die economiesuisse hat auf der Seite der Befürworter sogar den Hauptkampf geführt und dafür rund 15 Millionen Franken aufgewendet. (Es ist aus heutiger Sicht wohl nicht falsch zu sagen: Damit hat der Niedergang des Wirtschaftsverbandes angefangen). Die Verfilzung der Wirtschaft mit der Politik, die auch massgeblich zum Swissair-Debakel beitrug, hat bei der Uno-Kampagne eine folgenschwere Rolle gespielt. Gegenüber dieser Übermacht konnten sich die Uno-Gegner mit ihren begrenzten Mitteln nicht durchsetzen. Zudem müssen wir auch selbstkritisch anmerken: Wir haben die zentrale Botschaft, dass sich die neutrale Schweiz nicht den Grossmächten des Sicherheitsrates unterstellen darf, nicht in ausreichendem Mass durchgebracht.

Die Tragik des Ja zur politischen Uno vom 3. März 2002 liegt vor allem darin, dass die Schweiz ein wesentliches Stück ihres Sonderfalles herausgebrochen hat. Auch im Ausland registriert man das sehr genau. So fragt beispielsweise das renommierte „Wall Street Journal“ (Europe) vom 5.3.2002: „Wer wird jetzt die (besondere) Aufgabe der Schweiz übernehmen?“

Wir können nach dem 3.3.2002 nur hoffen, dass die Folgen nicht so gravierend sind, wie seinerzeit beim Völkerbund, als unser Land am Rand eines Krieges stand: Als die Schweiz 1935, nach dem Überfall Italiens auf Abessinien, vom Völkerbund zu Sanktionen gegen Italien verpflichtet wurde, drohte Mussolini, das Tessin zu besetzen. Nur dank dem Umstand, dass der Völkerbund vor dem Zusammenbruch stand, konnte die Schweiz die gefährliche Situation abwenden und 1938 von der „differenziellen“ zur integralen (vollständigen) Neutralität zurückkehren.

Behördliche Information statt Propaganda!

Weil der Bundesrat und die Verwaltung im Vorfeld der Uno-Abstimmung mit Millionen von  Steuerfranken staatliche Propaganda bis zum Geht-nicht-mehr betrieben haben, reiche ich am 22.3. 2002 eine Parlamentarische Initiative mit dem Titel „Behördliche Information statt Propaganda!“ ein. Unsere Forderung: Das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) sei durch die folgende Bestimmung zu ergänzen: „Art. 11 a, Behördliche Information im Abstimmungskampf hat sich auf die sachlichen Argumente zu beschränken. Dem Bundesrat und der Bundesverwaltung ist es insbesondere verwehrt, eine eigentliche Abstimmungskampagne zu führen oder eine solche zu unterstützen.“

Diese Forderung ist mehr als berechtigt. Denn der vom Parlament (gegen die Stimmen der SVP und Gleichgesinnter) bewilligte „Informationskredit Uno“ von 1,2 Millionen Franken war nur die Spitze des Eisberges. In der Folge hatte der Nationalrat eine weitere Tranche von 800‘000  Franken bewilligt, und ein Grossteil der damals 113 Informationsbeauftragten der Bundesverwaltung (!) waren mit der Uno-Propaganda beschäftigt – nicht inbegriffen Sekretariate, Web-Verantwortliche und zahlreiche externe Mandatsträger. Ein Heer von hunderten von Bundesangestellten, vor allem im EDA, arbeitete in der gleichen Richtung. Zur Propagandawalze aus dem Bundeshaus gehörten zudem zahlreiche mit Steuergeldern finanzierte Publikationen, Broschüren, Zeitungen, Magazine, Dossiers, Fact Sheets, Filmkassetten und dergleichen.

Auch die Parlamentsmehrheit sollte sich – damals und heute – wieder einmal an den Eid erinnern, die alle Mitglieder (heute zum Teil leider nur als „Gelübde“) beim Amtsantritt ablegen:

„Ich schwöre vor Gott, dem Allmächtigen, die Verfassung und die Gesetze des Bundes treu und wahr zu halten; die Einheit, Kraft und Ehre der schweizerischen Nation zu wahren, die Unabhängigkeit des Vaterlandes, die Freiheit und die Rechte des Volkes und seiner Bürger zu schützen und zu schirmen und überhaupt alle mir übertragenen Pflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“

Damals und heute

2002 ging es darum, die Schweiz insbesondere den folgenden zentralen Artikeln der Uno-Charta zu unterstellen:

-Artikel 41: Die Schweiz verpflichtet sich zur Teilnahme an Sanktionen und Boykotten gegen Drittstaaten. Diese Massnahmen können die „vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, der Post-, Telegrafen- und Funkverbindungen sowie sonstiger Verkehrsmöglichkeiten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen einschliessen.“

- Artikel 43: Die Schweiz verpflichtet sich, dem Uno-Sicherheitsrat aufgrund von Sonderabkommen „Streitkräfte zur Verfügung zu stellen, Beistand zu leisten und Erleichterungen einschliesslich des Durchmarschrechts zu gewähren.“

-Artikel 25: „Die Mitglieder der Vereinten Nationen kommen überein, die Beschlüsse des Sicherheitsrates im Einklang mit dieser Charta anzunehmen und durchzuführen.“

Und heute drängen die Bundesrats- und Parlamentsmehrheit allen Ernstes in den Uno-Sicherheitsrat, wo wir letztlich über Krieg und Frieden mitentscheiden müssten!

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr