Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 2 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz, als deren Geschäftsführer ich ab dem 1. April 1998 „amte“, gibt seit ihren Anfängen unter der Geschäftsführung von Otto Fischer den „Grauen Brief“ mit Informationen an ihre Mitglieder heraus. Die Bezeichnung „Grauer Brief“ umschreibt den Zweck des Informationsbriefes: Er „leuchtet hinein in die Grauzonen schweizerischer Aussenpolitik“ – und ist konsequenterweise auf grauem Papier gedruckt.

Der erste „Graue Brief“ in meiner Auns-Zeit erscheint im April 1998 und trägt die Nummer 60. Kurz vorher hat die Auns die von Christoph Blocher verfasste Broschüre „Die Schweiz und Europa – 5 Jahre nach dem EWR-Nein“ in einer Auflage von 3,6 Millionen dreisprachig an alle Haushaltungen der Schweiz verschickt. Und wir schreiben dazu, dass diese Broschüre „unbearbeitet von der Medienzentrifuge“ sei. Denn in der Zeit nach der EWR-Abstimmung vom 6.12.1992 haben Politiker und Wirtschaftsexponenten unter Mithilfe fast aller Medien das historische Volksnein zum EWR zum Sündenbock für Schwierigkeiten und eigenes Unvermögen  gestempelt. Und diese Zerrbild gilt es zu korrigieren.

Im Vorfeld der EWR-Abstimmung vom 6. Dezember 1992 hatten sich ganze Heerscharen – die politische „Elite“, die Diplomatie, Manager, Wirtschaftsverbände, Kulturschaffende, „Prominente“, Gutmenschen, Heimatmüde, Internationalisten und dergleichen – mit apokalyptischen Aussagen zur Zukunft der angeblich „isolierten Schweiz“ geäussert. So „profilierte“ sich Kurt Illi, der damalige Verkehrsdirektor der Stadt Luzern, mit der Aussage „Ohne EWR kann die Schweiz nicht überleben.“ (Cash, 27.11.1992). Und Staatssekretär Franz Blankart warnte in der „Weltwoche“ vom 26.11.1992: „Nach fünf Jahren Alleingang würden wir aus wirtschaftlichen Gründen die EG auf den Knien bitten, uns um jeden Preis als Mitglied aufzunehmen. Ist das eines unabhängigen Landes würdig?“

Diese Herrschaften müssen nun die gegenteilige Realität zur Kenntnis nehmen. Denn die Schlagzeilen und Meldungen nach 5 Jahren Nicht-Beitritt zum EWR lauteten beispielsweise: „Forschungsplatz Schweiz: kein Innovationsdefizit“ / „Die Schweiz weist das höchste Bruttosozialprodukt pro Kopf auf“ / „Ungebrochener Schwung im Aussenhandel“ / “Schweizer Arbeitslosigkeit stark gesunken“ / „Boom deutscher Investitionen in der Schweiz“. 

Das Echo auf den Auns-Grossversand der Broschüre „5 Jahre nach dem EWR-Nein“, welche diese Realität mit Zahlen und Statistiken aufzeigt, ist enorm. Die Auns verzeichnet einen markanten Zuwachs an Mitgliedern. Und wir bekommen eine Flut von positiven Zuschriften.

Natürlich reagieren diverse Verbände, Parteien und Politiker vom gegnerischen Lager mit negativen Kommentaren und versuchen, den Leuten das Gegenteil weiszumachen. So schwirrt ein  Gegenargumentarium herum, das weder eine Adresse noch einen verantwortlichen Herausgeber nennt. Aber offensichtlich befinden sich die Autoren in der Bundesverwaltung, denn die „10 Seiten Gegenargumentarium“ können beim Integrationsbüro des EDA bezogen werden …

Zwei gegensätzliche Zuschriften aus dem Volk sind  besonders aussagekräftig:

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Auf der Suche nach einem geeigneten Gastreferenten für die die Auns-Mitgliederversammlung vom 9. Mai 1998 stosse ich auf Professor Dr. Erich Weede, Soziologe und Politikwissenschafter an der Universität Bonn. Im Berner Hotel National zieht er die über 1‘000 Auns-Mitglieder mit seinem Referat „Offene Grenzen: Wer bezahlt den Preis?“ in den Bann. Seine Kernsätze lauten wie folgt:

„Wer offene Grenzen befürwortet, sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass fast niemand durch eine offene Tür kommt.“

„Als Mittel der Kriegsverhütung halte ich die Europäische Union, das Schengener Abkommen und den Euro für überflüssig.“

„Weder die direkte Demokratien noch die vergleichsweise niedrige Staatsquote würde ich für die Europäische Union, für Schengenland und den Euro aufs Spiel setzen wollen – weder als Schweizer noch als Nachbar der Schweiz.“

„Europa braucht die Schweiz nicht unbedingt als Mitglied, sondern als Vorbild und Ansporn.“

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Schade, dass solche Bekenntnisse aus berufenem Mund im Zeitalter des Rahmenabkommens nicht öfter zu hören sind – und von heimatmüden Kreisen auch zur Kenntnis genommen werden.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr