Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 20 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Neben dem mehrjährigen Kampf gegen das Schengen-Abkommen, über das wir am 5. Juni 2005 abstimmen werden, muss die Auns im Jahre 2002 auch gegen die sogenannte Solidaritätsstiftung antreten. Dieser Kampf tritt im Sommer 2002 in die „heisse“ Phase – abgestimmt wird am 22. September 2002.

Die Idee zur „Solidaritätsstiftung“, welche der Bundesrat auf den Tisch gezaubert hat,  ist unter Erpressungsdruck aus Amerika entstanden. Den Bundesbehörden und den Banken ist von den Spitzen des Jüdischen Weltkongresses angebliches Fehlverhalten und eine Mitverantwortung im Zweiten Weltkrieg im Zusammenhang mit den nachrichtenlosen Vermögen, dem Goldhandel und den Holocaust-Opfern vorgeworfen worden. Finanzieren will der Bundesrat die Stiftung mit den überschüssigen Goldreserven der Nationalbank. Die „Versilberung“ von 1‘300 Tonnen Gold soll jährlich rund 700 Millionen Franken abwerfen.

Um die Tatsache zu verschleiern, dass die Stiftung unter Erpressungsdruck entstanden ist, verkauft sie der Bundesrat unter dem wohltönenden Zweck „Menschen in Not im In- und Ausland zu helfen und Armut und Gewalt zu bekämpfen“. Doch der Bundesrat selbst verbindet die Stiftungsidee mit dem Thema Schweiz und Zweiter Weltkrieg. Damit ist es klar, dass die Stiftung international sofort als Schuldeingeständnis unseres Landes interpretiert würde.

Wir haben daher die „Goldinitiative“ mit dem Ziel lanciert, die Erträge der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank – wenn schon – der AHV zukommen zu lassen. Denn Volksvermögen gehört dem Volk. Der Abstimmungskampf wird im Sommer/Frühherbst 2002 mit grossem Einsatz der Auns und Gleichgesinnter und mit harten Bandagen geführt.

Unser Hauptargument lautet: Die Goldinitiative bringt eine sichere AHV und weniger Steuern! Aus den rund  20 Milliarden Franken überschüssigen Goldreserven lassen sich bei einer Rendite von fünf Prozent jährlich Erträge von 1 Milliarde erwirtschaften. Dies entspricht einem halben Mehrwertsteuerprozent, das zur Sicherung der AHV während mindestens zehn Jahren nicht erhoben werden muss. Fazit: Die Alten profitieren von einer sicheren Rente, die Jungen zahlen weniger Steuern. Das heisst: Wer gegen die Goldinitiative ist, will höhere Steuern – und lässt sich erpressen!

Der schwammige Zweck der Solidaritätsstiftung lädt zur Erpressung geradezu ein: „Die Stiftung trägt dazu bei, die humanitäre Tradition der Schweiz fortzuführen, sie unterstützt solidarisches Handeln im In- und Ausland und befähigt die jungen Generationen, verantwortungsbewusst die Herausforderungen der Zukunft anzugehen und zu meistern.“

Zum Thema Solidarität stellt die Auns klar: Die Schweiz leistet bereits jetzt (2002) eine überdurchschnittliche Hilfe im Ausland. So haben beispielsweise die Bundesausgaben für die „Beziehungen zum Ausland“ von 1990 bis 2000 um 44 Prozent – von 1581 auf 2274 Millionen Franken – zugenommen, Tendenz weiterhin stark steigend. (Heute sind wir bei  rund 3,5 Milliarden). Wir brauchen definitiv keine erpresste Solidarität!

Um die Stiftung zu retten, fabrizieren die Befürworter einen Gegenvorschlag mit einer Drittelslösung: Je ein Drittel der Golderträge soll der Stiftung, den Kantonen und der AHV zukommen.
Aber das Schweizervolk durchschaut die Taktik der Befürworter und lässt sich nicht über den Tisch ziehen. Am 22. September 2002 wird die unselige „Solidaritätsstiftung“ mit einem Neinstimmen-Anteil von 51,8 Prozent und einem Ständemehr von 16 ½ zu 6 ½ Stimmen abgelehnt. Unser Hauptziel ist erreicht – trotz aller Schönfärberei und Propaganda von Seiten des Bundesrates, von Parteien, Politikern, Diplomaten, Hilfswerken, kirchlichen Kreisen, „Kulturschaffenden“, und trotz der Parteinahme fast aller Medien – insbesondere des Staatsfernsehens, des Staatsradios und des Ringier Konzerns.

Damit ist der über 5-jährige Kampf gegen die erpresste Stiftung beendet. Die Auns hat massgeblich zum Erfolg beigetragen. Mit dem Nein zur Erpressung ist auch künftigen Versuchen, mit dem Vermögen der Bürger den internationalen Weihnachtsmann zu spielen, ein Riegel geschoben. (Allerdings dürfen wir jetzt nicht den Fehler machen, noch weitere Kohäsionszahlungen zu leisten.)

Die Goldinitiative wird hingegen trotz grossen Einsatzes der Auns, der SVP und Gleichgesinnter knapp abgelehnt. (Hätte ein Ja resultiert, so  hätten wir heute weniger Probleme mit der Finanzierung der AHV und der übrigen Sozialwerke.)

*

Am 24. August 2002 präsentiert Nationalrat (und selbstredend auch Auns-Mitglied) Toni Bortoluzzi, Affoltern a. A., an der schweizerischen SVP-Delegiertenversammlung in Lugano das Konzept einer „Prämiensenkungs-Initiative“, die im Rahmen einer vorberatenden Arbeitsgruppe entstanden ist. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass das Gesundheitswesen und die Krankenkassenprämien im Sorgenbarometer des Schweizer Volkes weit oben stehen. Die immer höheren Prämien stellen für immer mehr Familien ein gravierendes Problem dar. Bortoluzzi stellt fest: „Durch unnötige Staatseingriffe wird das ganze Gesundheitswesen ineffizient, und es findet wegen der staatlichen Lenkung und Planung kaum ein Wettbewerb statt. Die durchschnittlichen Monatsprämien sind seit 1996 um 20 Prozent für Kinder, um 30 Prozent für Erwachsene ab 26 Jahren und um 40 Prozent für junge Erwachsene gestiegen. Eine Familie mit zwei Kindern zahlt heute eine Jahresprämie von fast 6‘000 Franken.“

Leider habe der Bundesrat, so Bortoluzzi, kein Konzept („nicht einmal ein unbrauchbares“), vielmehr herrsche Ratlosigkeit. Der beste Beweis dafür sei der beschlossene Zulassungsstopp für Ärzte. Ohne den geringsten Hinweis, wie die Zulassung künftig geregelt werden solle, sei ein solches Berufsausübungsverbot für eine Berufsgruppe und letztlich auch für die Bevölkerung katastrophal.

Die Prämiensenkungs-Initiative hingegen ermögliche es den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, über die Zukunft unseres Gesundheitswesens aktiv mitzubestimmen: „Sie will die Wettbewerbsgrundsätze in der Verfassung verankern; ein vernünftiges Mass an Regulierung schaffen; die Versicherungsleistungen flexibilisieren (individuelle Bedürfnisse können über Zusatzversicherzungen abgedeckt werden); Vertragsfreiheit schaffen; die finanzielle Transparenz verbessern und den Staat in die Verantwortung nehmen“, erklärt Bortoluzzi.

Damit ist ein Nagel für Verbesserungen in diesem wichtigen Bereich eingeschlagen. Bortoluzzi, der vom Grundsätzlichen ausgeht und stets die grossen Linien sieht, entwickelt sich im Parlament zum gefragten Spezialisten im Gesundheitswesen und im AHV- und Vorsorgebereich. Die grosse Lücke, die er nach seinem Rücktritt Ende 2015 in Bern hinterlässt, ist bis heute nicht ganz gefüllt.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr