Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 22 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Leider geht die Abstimmung vom 24. November 2002 über unsere Volksinitiative „gegen Asylrechtsmissbrauch“ knapp verloren. Das Ständemehr ist mit 12 ½ zu 10 ½ Kantonen zwar erreicht, aber mit einem Zufallsmehr von 50,1 zu 49,9 Prozent verfehlen wir das Volksmehr äusserst knapp.

Dennoch ist das Resultat in Anbetracht der gewaltigen Propagandawalze der vereinigten Gegnerschaft eine Sensation, und es löst in Bundesbern ein leichteres politisches Erdbeben aus: Man muss dort zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrheit der Kantone und die Hälfte der Bevölkerung dem Bundesrat und der classe politique in der Asylpolitik nicht mehr folgen. Die schweren Missstände im Asylbereich können vom Bundesrat nicht länger schöngeredet werden. Massnahmen sind unausweichlich.

Die Gegner haben die knappe Ablehnung bewirkt mit der absurden Behauptung, die Initiative sei „undurchführbar“ und breche mit der Asyltradition unseres Landes. Von allen Initiativ-Gegnern ist der Missbrauch des Asylrechts jedoch anerkannt worden, und sie beteuern am Abstimmungssonntag, auch sie wollten Abhilfe schaffen. Die zuständige Bundesrätin Ruth Metzler betont, sie werde die Ängste in der Bevölkerung „noch ernster“ nehmen und verspricht eine Asylgesetz-Revision „mit Zähnen“.

Ein kleiner Exkurs zu Bundesrätin Ruth Metzler, im Amt von 1999-2003, die ihre Sache nicht schlecht gemacht hat. Dennoch wird sie 2003 durch eine schmutzige Intrige innerhalb ihrer eigenen CVP (heute „Die Mitte“) abgewählt. Rädelsführer sind (nach dem Motto „Feind-Todfeind-Parteifreund“) insbesondere ihre „Parteifreunde“ Bundesrat Joseph Deiss („der Mann ohne Schatten“), der damalige Fraktionschef Jean-Michel Cina und Parteipräsident Philipp Stähelin. Sie opfern mit ihrem Hintertreppen-Dreckspiel ihre eigene Bundesrätin zugunsten von Deiss. Gleichzeitig beteuern sie Ruth Metzler bis zum letzten Moment ihre Unterstützung. Im Nachhinein wird vor allem von linker Seite die Mär aufgetischt, die SVP habe Ruth Metzler die Unterstützung versagt. Tatsache ist, dass wir sie – wie auch Christoph Blocher, der bekanntlich 2003 gewählt wurde – voll unterstützt haben. Im Regen stehen lassen (man kann es auch härter sagen) haben sie ausgerechnet die linken Feministinnen und – wie erwähnt – die eigene Parteispitze. (Vielleicht ist es nur folgerichtig, dass die CVP das „C“ inzwischen über Bord geworfen und zur „Mitte“ mutiert ist, wo offenbar alles möglich und erlaubt ist.)

Zurück zur Asylsituation. Wir von der Auns und der SVP fordern eine konsequente Drittstaatenregelung (auf Gesuche von Asylanten, die bereits in einem verfolgungssicheren Drittstaat ein Gesuch gestellt haben oder hätten stellen können, wird nicht eingetreten), verschärfte Grenzkontrollen, reduzierte Fürsorgeleistungen sowie Sanktionen gegen Leute, die unser Asylrecht verletzen. Die viel zu hohe Attraktivität unseres Landes für Asylmissbraucher muss auf den Stand der unserer Nachbarländer gesenkt werden. In diesem Sinn führen wir den Kampf gegen den Asylmissbrauch konsequent weiter – zugunsten jener, die wirklich an Leib und Leben bedroht sind.

Am 2. Dezember 2002 stelle ich in  der nationalrätlichen Fragestunde die folgende Frage unter dem Titel „Bosnien- und Kosovo-Rückkehrer wieder in der Schweiz?“: Im Vorfeld der Abstimmung über die Volksinitiative „gegen Asylrechtsmissbrauch“ vom 24.11.2002 haben Bundesrätin Metzler und Jean-Daniel Gerber, Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge (heute Staatssekretariat für Migration) die Rückführung der Kriegsflüchtlinge insbesondere aus Kosovo als „Grosserfolg“ gerühmt. Wie man eine Rückkehrquote von (angeblich) 42‘000 Personen bei 65‘000 Rückkehrpflichtigen als „Grosserfolg“ bezeichnen kann, ist schleierhaft. Dies umso mehr als Ex-Jugoslawien seit Jahren verfolgungssicher ist und jeder Rückkehrer mit Tausenden von Franken „vergoldet“ wird. Nun höre ich aus zuverlässigen Quellen, dass von den „Kosovo-Rückkehrern“ mindestens die Hälfte wieder in der Schweiz ist. Frage: Trifft dieser Tatbestand zu? Wie viele Rückkehrer sind es genau? Warum wird die Öffentlichkeit nicht informiert?

Die (Nicht-) Antwort aus dem Bundeshaus lautet: In den Empfangsstellen des Bundes werden alle Asylsuchenden registriert und erkennungsdienstlich behandelt.  Mit den Fingerabdrücken kann jedes Zweitgesuch sofort festgestellt werden. Die Wiedereingliederung der (Kosovo-) Kriegsvertriebenen verlief sehr erfolgreich. Nur 199 Personen oder 0,6 Prozent sind wieder in die Schweiz eingereist.

Mein Kommentar: Natürlich melden sich Kosovaren, die illegal wieder eingereist sind, kaum auf den Empfangsstellen, um „erkennungsdienstlich“ erfasst zu werden. Sie tauchen als „Papierlose“ unter oder sind im Drogenhandel oder anderweitig „tätig“.

*

Am 6. Dezember 2002 darf die Auns, die im Vorfeld des 6. Dezember 1992 den Hauptkampf gegen den EWR/EU-Beitritt geführt hat, nach 10 Jahren feststellen: Der 6. Dezember 1992 war ein Glückstag für die Schweiz. Dies aus den folgenden Gründen: 1. Der bereits anvisierte EU-Beitritt wurde verhindert. 2. Der unwürdige EWR-Kolonialvertrag, der uns verpflichtet hätte, über 80 Prozent des bestehenden und auch künftiges noch unbekanntes EU-Recht zu übernehmen, ist vom Tisch. 3. Die Schweiz hat ihren Wohlstand gerade ausserhalb von EWR und EU behauptet. 4. Die vormals EU-begeisterte Wirtschaft hat mittlerweile erkannt, dass die unabhängige Schweiz ein Erfolgsmodell ist. 5. Die apokalyptischen Voraussagen über eine Schweiz ohne EWR haben sich als gigantische Fehlprognosen erwiesen.

Gleichzeitig müssen wir damals (Ende 2002) aber feststellen: Gegen den Willen des Volkes und gegen alle staatspolitische und volkswirtschaftliche Vernunft halten der Bundesrat und die SP, FDP und CVP am Ziel einer EU-Mitgliedschaft fest. Das Vorpreschen in der Beitrittsfrage hat die Position der Schweiz in den bilateralen Verhandlungen enorm geschwächt und wird uns auch bei künftigen Verhandlungen schwächen Auns-Präsident Christoph Blocher zieht in einem Zeitungsartikel am 6.12.2002 die folgende Bilanz: „Aussenpolitischer Aktivismus ist immer auch ein Zeichen innenpolitischen Versagens. Statt ihre Inkompetenz nach Brüssel zu delegieren, sollte unsere politische „Elite“ hier und heute für ihr Versagen zur Verantwortung gezogen werden.“ Wie Recht er doch hat!

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr