Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 24 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

An der Auns-Jahresversammlung vom 17. Juni 2003 beschliessen die 1‘000 anwesenden Auns-Mitglieder, das Referendum gegen den Beitritt zum Schengener Abkommen zu ergreifen. Damit wollen wir verhindern, dass der Bundesrat unser Land über die Bilateralen II/Schengen, also durch die Hintertür, in die EU treibt. Zudem muss das Schweizervolk vor dem nachteiligen Schengener Kolonialvertrag verschont werden.

Der Bundesrat spielt ein unehrliches Doppelspiel: Im Inland verkündet er, man führe bilaterale Verhandlungen mit der EU, um dieser nicht beitreten zu müssen. Und in Brüssel verkündet man mit dem EU-Beitrittsgesuch das Gegenteil.

Das Schengener Abkommen wurde so benannt nach dem Weinbaudorf Schengen in Luxemburg. Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Belgien und die Niederlande hatten dort schon 1985 vereinbart, die Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen schrittweise abzubauen.

Das Gefährliche an „Schengen“ besteht vor allem in zwei Bereichen:

Es ist sonnenklar: Schengen ist ein Schwindel. Denn bei Schengen geht es nicht um die Sicherheit, sondern um die Vorbereitung des EU-Beitritts.  

Auch das Sicherheitsargument überzeugt nicht: Wie will man ohne Kontrollen an der Grenze mehr Sicherheit erreichen? Das muss sogar Brüssel eingestehen. Daher soll die Schengen-Aussengrenze besser bewacht und geschützt werden. Aber wie kann eine x-tausend Kilometer lange Aussengrenze kontrolliert werden? Eine Aussengrenze, die löcheriger ist als ein Emmentaler Käse!?

Noch 1999 hat der Bundesrat einen Schengen-Beitritt ausdrücklich abgelehnt. In seiner Botschaft zu den Bilateralen I vom 23.6.1999 hat er erklärt, dass „Verhandlungen über Schengen nicht in Frage kommen“, weil dabei „Souveränitätsübertragungen an supranationale Instanzen (EU) unerlässlich sind.“ Und nun behauptet er das Gegenteil.

Dazu kommt: Die EU hat von der Schweiz gar keinen Schengen-Beitritt verlangt. Im Rahmen der Bilateralen II hat Brüssel lediglich die sogenannte Betrugsbekämpfung und die Zinsbesteuerung gefordert. Aber der Bundesrat will EU-Beitrittshürden abbauen – und dazu ist ihm offensichtlich jedes Mittel recht.

Anstelle der Kontrollen an der Grenze (die auf Warenkontrollen beschränkt werden sollen) will man die sogenannte Schleierfahndung einführen – d.h. Kontrollen durch mobile Patrouillen im Grenzraum und im Hinterland. Dies, obwohl der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein erklärt, mit der Schleierfahndung habe man eine „genügende Kontrolldichte“ nur erreichen können durch eine Vervierfachung der Polizei- und Kontrollorgane. Wer das bezahlen soll, ist schleierhaft. Dazu kommt, dass die EU-Kommission beabsichtigt, auch die Schleierfahndung zu  verbieten, weil sie der Reisefreiheit widerspreche.

Der Kampf des Bundesrates und der classe politique wird in der Folge mit Millionen von Steuerfranken geführt. Die Auns und die SVP führen den Kampf bis zur Abstimmung am 5. Juni 2005 praktisch allein. Davon aber später.

*

Am 18. Mai 2003 stimmt das Schweizer Volk über die „Armee XXI“ ab. Damit wird – nach der (Nato)-„Partnerschaft für den Frieden“ (1996) und dem Fehlentscheid, Schweizer Soldaten ins Ausland zu schicken (2001), sowie nach der gar nie richtig umgesetzten Reform „Armee 95“ – bereits eine weitere Armee-Reform vorangetrieben.

Wir von der Auns kritisieren die „Armee XXI" als falsches Konzept. Sie verlässt das Prinzip der autonomen Verteidigung, bringt eine Annäherung an die Nato, verstösst gegen unsere Neutralität und schwächt die Milizarmee. Die Armee XXI ist – ohne Milizvertreter – ausschliesslich von VBS-Schreibtischtätern entstanden. Sie wurde quasi zum Nato-Klon umgebaut. Echte Alternativen zum hohlen Schlagwort „Sicherheit durch Kooperation“ wurden nicht zugelassen. Im Gegenteil: Bundesrat und VBS-Chef Adolf Ogi hat Maulkörbe an Kritiker verteilt und strikte Loyalität „befohlen“.

Zudem läuft das System der Durchdiener und der Zeitsoldaten (die einfacher im Ausland eingesetzt werden können), auf eine Zweiklassen-Armee hinaus. Für die Ausbildung, die professionalisiert werden soll,  braucht es zusätzliche Profi-Instruktoren, und der Milizkader-Anteil wird reduziert. Die damit verbundene Tendenz zur Berufsarmee wird die Kosten weiter nach oben treiben, und die Betriebskosten werden zulasten der Rüstungsinvestitionen explodieren. Unverständlich ist auch, dass die Alarmformationen – das Flughafen-Regiment (Kloten) und die Flughafenbataillone – abgeschafft werden.

Der Rückhalt der Armee im Volk wird schwinden. Die Kinder der Wehrmänner, die ihre ganze Wehrpflicht mit weniger als 30 Jahren geleistet haben, werden den Vater kaum je als „Bürgersoldaten“ in Uniform sehen.

Selbstverständlich plädiert die Auns für ein Nein zur Armee XXI am 18. Mai 2003. Aus dem folgenden Grund entscheidet der Vorstand jedoch, den Kampf nicht aktiv zu unterstützen:

Die Grundsatzfrage nach der Neutralität und nach der Nato-Annäherung hat bei der Abstimmung vom 10. Juni 2001 über den Einsatz von Schweizer Soldaten im Ausland im Zentrum gestanden. Bei der Abstimmung über die Armee XXI geht es nun (wenn auch auf falscher Grundlage) vor allem um „militärtechnische“ Angelegenheiten – um die Anzahl der Verbände, die Bestände, die Ausbildung, die Durchdiener, die Zeitsoldaten, die RS-Dauer, die Aushebung usw.

Inzwischen sind wir bekanntlich bei der WEA, der „weiterentwickelten Armee“,  angelangt, die sogar eine „Verschlimmbesserung“ der Armee XXI darstellt, weil sie den Verfassungsauftrag nicht erfüllen kann. Es muss nun darum gehen, auf dem „Sockel“ der WEA mindestens mittelfristig wieder eine einsatzfähige Armee aufzubauen. Der erste Schritt ist ein Ja zum F-35.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr