Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 6 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Am 14. September 1998 gibt sich der Chef VBS, Bundesrat Adolf Ogi, an einer Pressekonferenz unter dem verfehlten Titel „Sicherheit durch Kooperation“ einmal mehr kämpferisch. Er verurteilt aber nicht etwa die Armeeabschaffer und die „rüstungshalbierende“ Bundesratspartei SPS. Vielmehr kritisiert er „Nörgeler, Besserwisser und konservative Kräfte“ – von ihnen habe er „allmählich genug“, und wenn notwendig, werde man „jene Kräfte ignorieren“. Gemeint sind natürlich auch die über 30‘000 (später gegen 50‘000) Auns-Mitglieder.

Ogi äussert an der Pressekonferenz die Hoffnung, das VBS könne vielleicht eine „Eisbrecher-Funktion“ in Sachen Öffnung der Schweiz wahrnehmen. Also Ja zu Uno, Ja zur EU und nach zehn Jahren Ja zur Nato. Das Nein des Schweizer Volkes zur Uno (1986), zur Armee-Abschaffung (1989), zum EWR (1992), zur Anti-Waffenplatz- und zur Anti F/A-18-Initiative (1993) sowie zu Schweizer Blauhelmen (1994) – klare Bekenntnisse zur Unabhängigkeit, zur Souveränität und zur Neutralität – hat Ogi offenbar vergessen.

Und er geht noch einen weiteren Schritt in die falsche Richtung: Auf einer Hellraumfolie listet er „gelbe Männlein“ auf, die zeigen sollen, wie spärlich die rund 100 Schweizer OSZE-Gelbmützen im Vergleich zum Engagement anderer Staaten seien. Man werde deshalb zügig eine Vorlage für bewaffnete „Schweizer Friedenstruppen“ im Ausland präsentieren. Dabei seien für einen glaubwürdigen Selbstschutz moderne Schützenpanzer mit Maschinengewehren unabdingbar. Ein Nato-Beitritt komme allerdings für die nächsten zehn Jahre (noch) nicht in Frage …

Gott sei Dank hat es da noch ein paar bremsende „Nörgeler und Besserwisser“ gegeben. Die Auns und die SVP haben aber leider in der Folge trotz grossem Einsatz nicht verhindern können, dass der sicherheitspolitische Irrweg bis zur heutigen „weiterentwickelten“ Armee, die den Verfassungsauftrag bekanntlich nicht erfüllen kann, fortgesetzt  wurde. Dies dank den „bürgerlichen“ Parteien FDP und CVP. 

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Ein Abstecher zur SVP: Bereits im Spätsommer 1998 trifft die Zürcher SVP die Vorbereitungen für die Regierungsratswahlen (Gesamterneuerungswahlen) im Frühling 1999. Wir setzen alles daran, um – nach dem Rücktritt des zum Ständerat gewählten Hans Hofmann – wieder mit zwei Sitzen in der Regierung vertreten zu sein. Neben der tüchtigen bisherigen Polizeidirektorin Rita Fuhrer soll mindestens eine weitere Kandidatur aufgestellt werden. Und die Parteigremien haben eine echte Wahl: Gleich sechs fähige Persönlichkeiten sind von den Bezirksparteien gemeldet worden: die Kantonsräte Alfred Binder, Knonau, Alfred Heer, Zürich (Chreis „Cheib“), Bruno Kuhn, Winterberg, und Bruno Zuppiger, Hinwil, sowie Bruno Heinzelmann, Stadtpräsident von Kloten, und Oberrichter Dr. Christian Huber, Präsident des Geschworenengerichts. Unter dem Präsidium von alt Nationalratspräsident Rudolf Reichling nimmt die „Vorbereitungskommission Regierungsratswahlen 1999“ ihre Arbeit auf. Und sie schlägt der Parteileitung zuhanden des Vorstandes und der Delegiertenversammlung schliesslich das Trio Heer, Heinzelmann und Huber als engere Auswahl vor.

Am 24. August 1998 fällen die 419 Delegierten in Schönenberg den definitiven Entscheid. Neben Rita Fuhrer, die mit Akklamation einstimmig wieder auf den Schild erhoben wird, obsiegt bereits im zweiten Wahlgang und mit deutlichem Mehr Christian Huber.

Bei seiner Standortbestimmung bringt Parteipräsident Christoph Blocher den Auftrag der SVP und des soeben nominierten Regierungsrats-Duos auf den Punkt:  Steuern, Gebühren und Abgaben senken! Die Asylmisere beheben! Mehr Sicherheit für unsere Bevölkerung! Im Hinblick auf die Regierungsratswahlen vom 18. April 1999 unterstützt die Versammlung den Antrag Blocher, weiterhin zwei Regierungssitze zu beanspruchen. Drei Sitze anzustreben, wie dies einige Votanten anregen, sei in Anbetracht des von Mitte-links ebenfalls anvisierten Fünfertickets gefährlich; entscheidend sei, die fünf bürgerlichen Regierungssitze zu sichern.

Die Gesamterneuerungswahl zeigt denn auch, dass diese Lagebeurteilung richtig war. Neben Rita Fuhrer, die mit dem Spitzenresultat bestätigt wird, werden Markus Notter (SP), Christian Huber, die beiden FDP-Kandidaten Ruedi Jeker und Dorothee Fierz (anstelle der zurückgetretenen Eric Honegger und Ernst Homberger), der umstrittene Bildungsdirektor Ernst Buschor (CVP) sowie die Grüne Verena Diener gewählt.

Von 1999 bis 2005 wird Huber als umsichtiger Finanzdirektor amten. Am 27. September 2004 kündigt er aber wegen „Differenzen mit der Rennleitung“ der kantonalen SVP überraschend seinen Rücktritt auf das kommende Frühjahr an. Eine Rolle spielt dabei u.a. eine vom SVP-lastigen „Bund der Steuerzahler“ lancierte Initiative, die den Regierungsräten den Lohn kürzen will. O-Ton Huber: „Ich musste aus den Medien erfahren, dass die Regierung im Prinzip als dumm, faul und unfähig bezeichnet wird und durch Lohnkürzung bestraft, diszipliniert und übers Portemonnaie gelenkt werden soll. Würde ich das akzeptieren, so würde ich jede Selbstachtung verlieren.“ Natürlich hat auch Huber seine Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen – aber das ist bekanntlich bei jeder Persönlichkeit der Fall …

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In der Folge befahren Christian Huber und seine Frau Charlotte mit ihrem Hausboot während etlicher Jahre die europäischen Binnengewässer vorab in den Niederlanden, in Frankreich und Belgien. Im Internet (www.kinette.ch) haben sie regelmässig über ihre Fahrten und Erlebnisse berichtet. „In bin inzwischen länger Kapitän als ich Regierungsrat war“, wird Huber im Jahre 2012 in einem Interview feststellen. Heute, wieder als „Landratte“, schreibt er hin und wieder interessante Beiträge in der „Weltwoche“ und in andern (auch elektronischen) Medien.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr