Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Der Weg des geringsten Widerstandes

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Meine Beiträge

30.4.2020

Ich fühle mich wie „im falschen Film“. Zuerst delegiert der Bundesrat den Entscheid, ob trotz „Corona“ schriftliche Maturitätsprüfungen stattfinden sollen, feige an die Kantone. Und prompt entscheidet der Zürcher Bildungsrat (hat er diesen Namen noch verdient?) gegen die Prüfungen und wählt somit den Weg des geringsten Widerstandes. Die „Begründung“, wegen Corona könnten sich nicht alle Maturanden gleich gut vorbereiten, und es sei schwierig, die Prüfungen unter den nötigen Vorkehrungen durchzuführen, überzeugt in keiner Weise.

Hinter dem Verzicht auf die Reifeprüfungen steht meines Erachtens eine weit verbreitete falsche Lebensauffassung, die den Jugendlichen möglichst viele Hindernisse, Härten und Anforderungen des Lebens aus dem Weg räumen will. Und zwar genau für jene jungen Menschen, die unsere geistige Elite sein sollten. Denn viele Maturandinnen und Maturanden erleben mit dieser anspruchsvollen Prüfung zum ersten Mal im Leben, dass sie etwas leisten müssen, um ein Ziel zu erreichen – und dass sie lernen müssen, im Leben Belastungen und Hindernisse zu überwinden.

Auch wenn „Corona-bedingt“ ein paar Wochen „normalen“ Unterrichts ausfallen, so ist das doch kein Grund, auf die schriftlichen Prüfungen zu verzichten. Die  Maturanden müssen ohnehin den Stoff aus mehreren Schuljahren beherrschen und dafür auch den Beweis liefern können. Reife und Intelligenz kommen ja auch darin zum Ausdruck, dass man sich in einer neuen Lage zurechtfindet und eigenständig lernen kann. Wenn nun das Maturitätszeugnis aufgrund blosser Erfahrungsnoten ausgestellt wird, so degradiert man das Reifezeugnis zur „Matura light“.

Fazit: Die Zürcher Bildungsdirektion und die Damen und Herren Bildungsräte haben den betroffenen Maturanden und unseren Gymnasien mit ihrem Fehlentscheid einen schlechten Dienst erwiesen. Die Zürcher hätten sich den Entscheid des Kantons Schaffhausen zum Vorbild nehmen müssen.

Hans Fehr, Eglisau