Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Teil 21 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikZwei Tage nach der erfolgreich geschlagenen Schlacht vom 6.
Dezember 1992 gegen den EWR/EG-Beitritt unseres Landes
geschieht das Unglaubliche: Der "Tagesanzeiger" und das
Fernseh-Magazin "10 vor 10" geben bekannt, dass gemäss einer
Umfrage 60 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine
Wiederholung der Abstimmung verlangten. Auch der Bundesrat hat
nach dem "schwarzen Sonntag" (Delamuraz) kein Konzept für den
Weg der Schweiz ausserhalb des EWR; ebenso zeigen sich gewisse
Funktionäre und Politiker, die nun "den Schaden begrenzen"
wollen, völlig rat- und hilflos. EWR-Chefunterhändler Franz
Blankart phantasiert gar über einen EG-Beitritt - nur so
könne das "Unheil" von der Schweiz abgewendet werden. Kurz:
Die "classe politique" zeigt ein erschreckendes
Demokratieverständnis.
Aber die Würfel sind gefallen: Volk und Stände haben mit
einer Stimmbeteiligung von 78,3 Prozent (der höchsten seit der AHV-
Abstimmung von 1947) Nein gesagt zum EWR. Sie haben sich damit ohne
Wenn und Aber zur politischen Selbständigkeit der Schweiz bekannt und
ihren Willen bekundet, die Probleme aus eigener Kraft zu lösen. Die
Schweizer Bevölkerung hat entschieden, den Weg der Freiheit und
Selbständigkeit zu gehen - mit partnerschaftlichen Beziehungen zu
möglichst allen Staaten der Welt. Das ist ein modernes, erfolgversprechendes
Konzept - nicht die Gleichmacherei à la EWR!
In diesem Sinn präsentieren die SVP-Nationalräte Hans Uhlmann
(Parteipräsident), Theo Fischer (Fraktionspräsident) und Christoph
Blocher am 11. Dezember 1992 an einer Pressekonferenz den "Weg einer
selbständigen und unabhängigen Schweiz". Mit 19 Massnahmen soll die
Schweiz konkurrenzfähiger gemacht werden, insbesondere mit den folgenden:
Abbau wettbewerbsverzerrender Steuern, Vereinheitlichung technischer
Normen, Vereinfachung des Bauvorschriften-Gestrüpps, Personalplafonierung
beim Bund, eigenständige Währungs- und Notenbankpolitik, massgeschneiderte
Arbeitsmarktpolitik (ohne freien Personenverkehr), hohe Qualitäts- und
Leistungsstandards in allen Bereichen.
Zudem, so unsere klare Forderung: Der Bundesrat hat die Pflicht,
den EWR-Entscheid des Schweizer Souveräns im Ausland zu erläutern und auf
die Bedeutung der Selbstbestimmung und unserer direkten Demokratie hinzuweisen.
Die Freihandelsabkommen sind beizubehalten und allenfalls zu verbessern
- und die guten Beziehungen zu allen Staaten der Welt sind zu pflegen und auszubauen.
In den frühen 90er Jahren, besonders 1993, wird das Thema öffentliche
Sicherheit in der Stadt und im Grossraum Zürich immer brisanter.
Gewaltverbrechen, schwerste Raubüberfälle, Mordtaten, Körperverletzungen
, Einbrüche, Diebstähle, und Bedrohungen gehören mehr und mehr zur
Tagesordnung. In der Stadt Zürich ist die Zahl der Raubtaten von 1986-92
von 465 auf 1135 angestiegen. Und kantonsweit hat die Zahl der Delikte
gegen Leib und Leben von 1988-92 um fast 50 Prozent zugenommen.
Wesentliche Gründe für diesen katastrophalen Zustand sind die Aufweichung
des Strafvollzugs nach dem Motto "Resozialisierung und Therapie statt
Strafe und Sühne", die verfehlte Drogenpolitik der Stadt Zürich (nach
der Platzspitzschliessung herrschen auf dem Lettenareal unbeschreibliche
Zustände) sowie die Duldung des Asylrechtsmissbrauchs. Die Linksparteien
sind in dieser falschen Richtung und Geisteshaltung seit Jahren vorangegangen.
Sie machen sich u.a. zum Anwalt des Bankräubers, Geiselnehmers und
Einbrechers Walter Stürm, den sie als "Ausbrecherkönig" und Helden feiern
und dessen Isolationshaft sie anprangern. Als besonders "gelungen" feiern
sie seinen Ausbruch aus der Strafanstalt Regensdorf an Ostern 1981, weil
er einen Zettel mit den Worten "Bin beim Ostereiersuchen, Stürm" hinterlässt.
Genug ist genug: Ende Oktober 1993 veröffentlichen wir das
sogenannte "Messerstecher-Inserat", das erstmals nicht nur die katastrophalen
Missstände im Bereich Sicherheit aufzeigt, sondern den "Linken und den
Netten" die Verantwortung zuweist. Das Inserat stösst auf ein gewaltiges Echo.
Dies umso mehr, als fast gleichzeitig mit dem Erscheinen des
Inserates das entsetzliche Verbrechen an der Pfadfinderführerin Pasquale
Brumann auf dem Zollikerberg bekannt wird. Ihre Leiche wird am 30. Oktober
1993 gefunden. Bereits am 1. November wird der wegen elf Vergewaltigungen
und zwei Sexualmorden zu lebenslanger Haft verurteilte Erich Hauert
festgenommen und später als Täter überführt. In der Strafanstalt
Regensdorf als "extrem gefährlich" inhaftiert, hat er die furchtbare
Tat während eines Hafturlaubs verübt. Der dafür zuständige Justizdirektor
Moritz Leuenberger, SP, war von Staatsanwalt Pius Schmid mehrmals über
die Gefährlichkeit Hauerts informiert worden, ohne dass er Massnahmen
ergriffen hätte. In den Gutachten zur Frage der Bewilligung von
Hafturlauben für Hauert war ausdrücklich gewarnt worden, Hauert leide
an psychopathisch zu nennenden Störungen der Charakterstruktur.
Mit diesem unfassbaren Mord hat das Inserat natürlich
keinen direkten Zusammenhang, obwohl er dessen Richtigkeit auf
tragische Weise bestätigt. Dennoch stoppt die Parteileitung aus
Pietät zum Opfer und zu den Angehörigen eine weitere Publikation.
Weil jedermann sieht, dass das Inserat die Wahrheit ausspricht, wirkt
es auch ohne weitere Veröffentlichung. In der Folge werden der Strafvollzug
und insbesondere das Regime für Hafturlaube deutlich verschärft.
(Fortsetzung folgt)