Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der SVP

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Teil 24 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Nach den erfolgreichen Gemeindewahlen 1994, bei denen wir die desolate Sicherheitslage im Grossraum Zürich - vor allem im Drogen-, Strafvollzugs- und Asylbereich - angeprangert und Verbesserungen gefordert haben, ziehen Christoph Blocher, Toni Bortoluzzi, Ernst Schibli, Emil Grabherr und ich im Mai 1994 an einer Pressekonferenz eine Zwischenbilanz. Wir wiederholen einleitend das "Sündenregister" der Linksparteien und der "Netten"/Pseudobürgerlichen: Sie sind mit einer falschen, täterfreundlichen Politik vorangegangen - oder sie haben die Missstände zumindest geduldet - und tragen dafür die Hauptverantwortung.

Die SVP hat erreicht, dass die öffentliche Sicherheit zum zentralen Thema geworden ist: Hafturlaube von gefährlichen Straftätern werden nun strenger gehandhabt, zur Verstärkung der Polizeipräsenz wird eine zusätzliche Polizeiaspirantenklasse geführt, und der Bau zusätzlicher Gefängnisplätze macht Fortschritte. Im Weiteren haben Bundesrat und Parlament neuen Zwangsmassnahmen gegen Ausländer ohne Aufenthaltsberechtigung zugestimmt.

Zusätzlich fordern wir mit parlamentarischen Vorstössen weitere Verschärfungen im Strafvollzug und im Sicherheitsbereich. Gemeingefährliche Straftäter sollen auf lange Sicht (bis effektiv lebenslänglich) von der Gesellschaft entfernt werden. Weitere Gefängnisplätze sind nötigenfalls mit Notrecht zu erstellen.

Im Kanton Zürich herrscht damals - zuständig ist einmal mehr SP-Justizdirektor Moritz Leuenberger - ein skandalöser Gefängnisnotstand. Am 21. Juni 1994 erreicht dieser Skandal einen "Höhepunkt": Bei einer Grossrazzia im "Letten" werden 161 Tatverdächtige bzw. Straftäter festgenommen, nur 32 können jedoch inhaftiert werden. 129 Personen, bei denen Haftgründe vorhanden sind, werden wegen fehlender Gefängnisplätze an Ort und Stelle wieder freigelassen. Verhaftete werden zum Teil sogar mit Polizeibussen in Waldgebiete am Rand der Stadt Zürich gefahren - und dort auf freien Fuss gesetzt. In der ersten Hälfte 1994 müssen in den Polizeigefängnissen an 80 von 168 Tagen wegen fehlender Gefängnisplätze Aufnahmebeschränkungen verfügt werden. Der Rechtsstaat gibt sich definitiv der Lächerlichkeit preis. Notrecht ist überfällig.

Notrecht fordern wir auch zur Räumung der katastrophalen Drogenszene im "Letten": Die Regierung soll endlich eine koordinierte Grossaktion unter Einsatz von Justiz, Polizei, Drogeneinrichtungen, Spitälern, Fürsorge- und Vormundschaftsbehörden durchführen. Wir verlangen zudem den Betrieb einer Drogenklinik mit geschlossener Abteilung sowie zusätzliche Langzeittherapieplätze. Wesentliche Verbesserungen will die SVP auch bei der Revision des Strafgesetzbuches, das in eine völlig falsche, täterfreundliche Richtung geht. Auch die SVP-Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung" muss vorangetrieben werden.

Fazit: Etliche Probleme haben wir lösen oder mildern können; der Kampf für mehr Freiheit und Sicherheit hat aber bis heute - vor allem gegenüber den EU-Anpassern - eine hohe Priorität.

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Stark umstritten ist in jener Zeit die sogenannte "Blauhelm-Initiative". Obwohl Volk und Stände den Beitritt zur politischen Uno im Jahre 1986 wuchtig bachab geschickt haben (2002 wird das leider nicht mehr der Fall sein) wollen Bundesrat und Parlament, dass Schweizer "Blauhelme" zur internationalen "Friedenssicherung" eingesetzt werden. Geplant ist ein Kontingent von 600 Mann, also in Bataillonsstärke. Bundesrat Kaspar Villiger behauptet gebetsmühlenartig, die neutrale Schweiz sei geradezu prädestiniert, Blauhelme zu stellen. Weil nicht "blockgebunden", würden unsere Soldaten im Dienst der Uno als neutrale und Vertrauen erweckende "Diener für den Frieden" angesehen.

Natürlich ist das Gegenteil der Fall: Blauhelme stehen im Einsatz unter Uno-Kommando. Der damalige Nationalrat Hans-Ulrich Graf, Bülach, betont zu Recht: "Glaubt Herr Villiger wirklich, dass irgendein Einwohner eines Drittweltlandes nach der Nationalität eines Blauhelmsoldaten fragt? Im Kampf gegen die ‚Uno-Eindringlinge' kümmern sich die Einheimischen wohl zuletzt um die Nationalität der einzelnen Blauhelme …" Unsere Neutralität, so Graf, würde unglaubwürdig, weil der Einsatz von Blauhelmen zwangsläufig einer Parteinahme entspreche: "Blauhelmeinsätze werden von den Grossmächten im Uno-Sicherheitsrat diktiert, die in aller Regel eine knallharte Interessenpolitik betreiben."

Der damalige Auns-Geschäftsführer, alt FDP-Nationalrat Dr. Otto Fischer, der in der Blauhelme-Frage eng mit uns zusammenarbeitet, bringt es auf den Punkt: Mit 600 Blauhelmen trägt die Schweiz nichts zum Weltfrieden bei, dafür aber

  • macht sie ihre Neutralität fragwürdig;
  • gefährdet sie das Ansehen des Friedensplatzes Schweiz und die Glaubwürdigkeit des Roten Kreuzes;
  • schwächt sie die Landesverteidigung (die Blauhelmkosten gehen zulasten der Armee).
  • Mit Grabkreuzen im Wüstensand, an denen abgetrennte Erkennungsmarken ("Grabsteine") von toten Schweizersoldaten hängen, warnen wir vor dem möglichen Schicksal von Schweizer Blauhelmen, die für Grossmachtinteressen ihr Leben lassen.

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    Eine der Hauptvotantinnen gegen die Blauhelmvorlage ist die damalige SVP-Nationalrätin Lisbeth Fehr aus Humlikon ZH. Sie arbeitet sich in dieses Thema ein und argumentiert bei etlichen Veranstaltungen gegen die Blauhelme - insbesondere mit dem Argument, die Blauhelme seien nur eine Vorstufe zum Uno-Beitritt. Die Schweiz könne ihre internationale Solidarität viel wirksamer beweisen, indem sie die bewährten friedensfördernden Massnahmen und die humanitäre Hilfe und die Friedensdiplomatie (Rotes Kreuz, Katastrophenhilfekorps, Sanitätsformationen, Arbeit in den Uno-Unterorganisationen, Gute Dienste) weiterführe und verstärke.

    Nach intensivem Kampf wird die Blauhelm-Vorlage am 12. Juni 1994 mit 57,2 Nein- gegen 42,8 Prozent Ja-Stimmen deutlich abgelehnt.

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    Leider entfernt sich Lisbeth Fehr in der Folge immer mehr von den Kernanliegen der SVP. So plädiert sie beispielsweise für den Einsatz von Schweizer Soldaten im Ausland (2001) und für den Uno-Beitritt (2002). Ihr "Hauptargument", das rasch die Runde macht: "Me cha nid de Föifer, sWeggli und au na sSchoggistängeli ha". zudem behauptet sie in einem Interview, die Zürcher SVP habe "totalitäre Züge" angenommen. 2003 verfehlt sie das nötige Quorum und wird nicht mehr auf die SVP-Nationalratsliste gesetzt. Später wechselt sie zur "Bürgerlich-Demokratischen Partei" (BDP).

    (Fortsetzung folgt)

    Hans Fehr