Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Teil 34 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikKurz nach der Jahreswende 1995/96 folgen sich zwei Grossereignisse Schlag auf Schlag: Am Freitag, dem 26. Januar, findet die legendäre "Albisgüetlitagung" bereits zum achten Mal statt - und am Tag darauf wird Ueli Maurer in Frauenfeld als Nachfolger von Hans Uhlmann zum neuen Präsidenten der SVP Schweiz gewählt.
Zur Albisgüetlitagung: Sie ist bis heute nicht mehr wegzudenken - als
kraftvolle, richtungsweisende Kundgebung mit landesweiter Ausstrahlung, an der
Christoph Blocher den politischen Kompass für das neue Jahr einstellt - und an
welcher die Vertretung des Bundesrates das letzte Wort hat. Diesmal ist es der
legendäre Jean-Pascal Delamuraz, ehemaliger Stadtpräsident von Lausanne, eine
politische Saftwurzel sondergleichen, "homme politique" mit welschem Charme -
dem "vin blanc" ganz und gar nicht abgeneigt. (An einer andern Veranstaltung in
Gossau ZH kann er wegen anderer Verpflichtungen nur eine knappe halbe Stunde
auftreten. Er spricht mitreissend und volksnah wie immer - und die Karaffe mit
Weisswein, die auf dem Rednerpult steht, ist bei seinem "Adieu mes amis, auf
revoir!" wie von Zauberhand leer.)
Auch im Albisgüetli ist er mit seinem "Kasernenschyzerdütsch" im Element.
Er bricht das Eis sofort mit einigen träfen Sprüchen wie "Wegen der zusätzlichen
Weissweinimporte (die er kurz vorher gegen heftigen Widerstand bewilligte -
Anm. d. Red.) hat man mir die rote Karte gezeigt. Ich trinke jetzt Rotwein und
hoffe auf die ‚carte blanche' ". Dann umschifft er als EU-Befürworter die
europapolitische Klippe vor dem kritischen Publikum mehr oder weniger elegant.
Noch am 6.12.1992 hatte er wegen dem EWR-Nein von einem "schwarzen Sonntag"
gejammert, und er plädiert nach wie vor für die "Öffnung" der Schweiz -
und bringt als Argument die Probleme der Teigwarenproduzenten. Diese -
so Delamuraz - hätten grosse Exportschwierigkeiten in die EU, weil Brüssel
die Einfuhrzölle für Teigwaren aus "Drittstaaten" mehr als verdreifacht habe.
Dennoch schliesst er mit dem Appell: "Denken wir positiv! Die Schweiz von
morgen ist eine Schweiz, die wagt, die gemeinsam und solidarisch handelt und ihre
Zukunft selber gestaltet!"(Meine bescheidene Frage: "Wie geht Letzteres, wenn wir
in der EU sind?")
Am Tag darauf, am Samstag, dem 27. Januar 1996, wird Nationalrat Ueli Maurer
einhellig zum neuen schweizerischen SVP-Präsidenten gewählt. Er ist ein würdiger
Nachfolger von Hans Uhlmann und wird in den zwölf Jahren seiner Präsidentschaft
(bis Toni Brunner im Frühjahr 2008 das Ruder übernimmt) Hervorragendes leisten: Die
SVP steigert ihren Wähleranteil von 14,9 Prozent (1995) sowohl 1999 und wiederum
2003 und 2007 auf schliesslich gegen 30 Prozent und wird definitiv zur mit Abstand
stärksten Kraft im Land. Aber erst 2003 wird uns nach langem Kampf der längst fällige
zweite Bundesratssitz in der Person von Christoph Blocher "zugestanden".
Eine Zwischenbemerkung: Wenn nun lauthals nach einem grünen Bundesratssitz gerufen wird, dann wäre es das Mindeste, dass sich diese Herrschaften wenigstens 1x (im Jahre 2023) bestätigen müssten. Die SVP musste wesentlich länger warten!
Der Erfolg unter der Führung von Ueli Maurer muss hart erarbeitet werden. Schon bei seiner kurzen Antrittsrede in Frauenfeld springt er leichtfüssig auf die Bühne, dankt in kurzen Worten für das Vertrauen und meint: "Ich habe drei Punkte, die mir als Parteipräsident wichtig sind: Erstens werden wir den Wählerauftrag erfüllen mit einer klaren, verständlichen, geradlinigen liberal-konservativen Politik, und wir werden im bürgerlichen Lager noch mehr Führungsverantwortung übernehmen. Zweitens muss unsere Politik offensiver werden. Das bedingt eine noch gründlichere, intensivere und noch besser vorbereitete programmatische Arbeit und eine konsequente Umsetzung. Drittens: Unsere Schwerpunkte sind die wichtigsten aktuellen Probleme, welche die Leute beschäftigen: Als Mittelstandspartei sind wir die Partei der kleinen und mittleren Unternehmer, des Gewerbes, der Bauern und der mittelständischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es geht für uns in einer unabhängigen Schweiz darum, der Wirtschaft bestmögliche Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen. Höchste Priorität geniessen die dauerhafte Sanierung der Bundesfinanzen, die Sicherung der Sozialwerke sowie die Sicherheit unseres Landes. (Diese Punkte sind wahrlich immer noch hochaktuell.)
Ueli Maurer leistet in der Folge eine gewaltige Arbeit und bringt die SVP auch in der Romandie und im Tessin auf Vordermann. Er bündelt die Kräfte auf allen Stufen und gründet schweizweit rund 600 neue Ortssektionen. Also jede Woche eine neue Sektion. Und er versteht es - wie Christoph Blocher - meisterhaft, die Dinge auf den Punkt zu bringen und scheinbar "komplexe" Probleme verständlich darzustellen und zu lösen. Und diese Fähigkeit hat er bekanntlich auch als Bundesrat behalten.
PS: Es gilt immer noch, was einst unser Bundesrat Rudolf Gnägi gesagt hat: "Politik ist eine beharrliche Dauerleistung." Dies sei jenen Politikern und Politikerinnen ins Stammbuch geschrieben, die glauben, mit etwas Twittern, Facebook und Instagram sei die Arbeit gemacht.
(Fortsetzung folgt)