Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der SVP

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Teil 36 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Frühjahr 1996. Im Hinblick auf die Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung (sie wird in der Nacht auf den 1. Januar 2002 vollzogen werden) gibt es bereits jetzt kompetente Stimmen, die vor diesem folgenschweren Schritt warnen. Hauptgrund: Der Euro ist nicht das Resultat ökonomischer Überlegungen, sondern ein politischer Entscheid, der vor allem von Helmut Kohl als Prestigeobjekt für den Bau des "Hauses Europa" vorangetrieben wird - und zudem "blühende Landschaften" in der heruntergewirtschafteten ehemaligen DDR verspricht.

Einer der frühen Warner ist Prof. Dr. Kurt Schiltknecht, SP-Mitglied, hochkompetenter Wirtschaftsprofessor und Partner der BZ-Gruppe von Martin Ebner, zu dem unsere Parteispitze intensive Beziehungen unterhält, weil er sich finanz- und währungspolitisch durch eine aussergewöhnliche Klarsicht auszeichnet.

Schiltknecht sieht in der Einheitswährung eine ganz grosse Gefahr für Europa, weil sie enorme wirtschaftliche und politische Risiken beinhalte. "Ein wirtschaftlich schwaches Land, das seine Währung zugunsten der Einheitswährung verliert, verliert auch die Möglichkeit, seine Währung real abzuwerten, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Das eine Land müsste dringend abwerten, das andere jedoch aufwerten - aber alle müssen das Gleiche tun: Eine zentrale Geldpolitik muss sich am Durchschnitt der europäischen Wirtschaft ausrichten und kann auf die Entwicklung in den einzelnen Regionen keine Rücksicht nehmen. Ein ökonomischer Unsinn!"

Auch die Einhaltung der Maastrichter Stabilitätskriterien (Verschuldungsgrenze etc.) steht für Schiltknecht in den Sternen. "Wenn bestimmte Länder zu einem gewissen Zeitpunkt die Kriterien erfüllen, dann aber wieder zu einer liederlichen Finanz- und Wirtschaftspolitik zurückkehren, werden die Zinssätze unweigerlich wieder steigen - und Deutschland wird am meisten darunter zu leiden haben. Je höher die Zinsen steigen, desto grösser werden die Vermögensverluste bei den Aktien, Obligationen und Immobilien. Es kommt zu einem gewaltigen Vermögenstransfer aus Deutschland in andere Länder. Ich finde es absolut unverantwortlich, dass eine Regierung solch enorme Vermögenswerte ihrer Bürger aufs Spiel setzen kann. Solange die Schweiz nicht den Entscheiden einer europäischen Zentralbank unterliegt, können wir weiterhin eine auf die Bedürfnisse unserer Volkswirtschaft abgestimmte Geldpolitik betreiben", meint Schiltknecht.
Jede von Schiltknecht gemachte Prognose wird später eintreffen ...

*

Schon Ende 1993 haben wir im Rahmen der SVP Schweiz die Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung" lanciert. Zwar hat sich die Zahl der neuen Gesuche gegenüber der Rekordzahl von rund 40'000 im Jahre 1991 (wegen den Balkankriegen) im Jahr 1995 auf rund 17'000 reduziert. Die Anerkennungsquote liegt jedoch nur bei rund 10 Prozent; um die 90 Prozent sind also keine Flüchtlinge, weil sie im Herkunftsland nicht an Leib und Leben bedroht sind und somit gemäss Genfer Konvention kein Asylgrund vorliegt.

Die Schweiz ist für illegale Einwanderer nach wie vor äusserst attraktiv, und niemand weiss, wie sich die Zahl der Gesuchsteller morgen und übermorgen entwickeln wird. Darum wollen wir mit der Initiative eine Regelung auf Dauer. Zudem trauen wir der vor kurzem in Angriff genommenen Totalrevision des Asylgesetzes nicht.

Weil ich mich mit der Materie schon seit Jahren intensiv befasst habe und auf meinen Wunsch der Staatspolitischen Kommission zugeteilt worden bin, werde ich während meiner 20 Nationalratsjahre zu einem zentralen Sprecher und Spezialisten der Partei in Asyl- und Ausländerfragen (neben der EU-Frage und neben den Bereichen Sicherheit/Armee und der Revision, genannt "Nachführung", der Bundesverfassung.

Die Schwerpunkte der Asylinitiative lauten: 1. Auf das Gesuch eines illegal Eingewanderten wird nicht eingetreten. Er wird unter Vorbehalt des Rückschiebeverbotes ausgewiesen. 2. Ein Asylbewerber hat während der Dauer des Asylverfahrens keinen Anspruch auf Einreise in die Schweiz. 3. Vereinfachtes Beschwerdeverfahren: Bei negativem Asylentscheid ist nur noch eine auf Willkürprüfung beschränkte Beschwerde zugelassen. (Illustration Plakat "Stoppt illegale Einwanderung)

Ein Blick voraus: Nach einem harten Abstimmungskampf, bei dem unsere politischen Gegner, inklusive Medien und Gutmenschen, alles tun, um uns absurderweise eine Konzentrationslager- und Stacheldraht-Mentalität zu unterstellen, wird die Volksinitiative am 1.12.1996 mit 46,3 gegen 53,7 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Die Asylmisere hat bekanntlich später noch grössere Ausmasse angenommen und die Vollkosten betragen heute deutlich über fünf Milliarden Franken pro Jahr.

*

Im Hinblick auf die geplante "Nachführung" der Bundesverfassung führen wir am 23. März 1996 im Hotel Wartmann in Winterthur eine Arbeitstagung durch unter dem Titel "Volksrechte: Reform oder Abbau?" Es ist einmal mehr sonnenklar: Unter wohltönenden Floskeln ("Verwesentlichung der Demokratie" u.a. durch höhere Unterschriftenzahlen für Volksinitiativen und Referenden, "Vereinfachung der Abläufe" etc.) sollen Volkrechte erschwert und abgebaut werden, weil sie die Bundesberner "Elite" bei ihrem EU-Anpassungskurs als "störend" erachtet. Das Fazit der Tagung mit rund 100 Teilnehmern unter der Leitung von Rudolf Ackeret, Christoph Blocher, Christine Ungricht, Ulrich Schlüer und mir, sowie unter Mithilfe von Dr. Aldo Lombardi, Leiter der Dienststelle Bundesverfassungsrevision im EJPD, ist klar: Ja zur Nachführung der Bundesverfassung mit dem Ziel, das Verfassungsrecht mit einer zeitgemässen Sprache verständlicher zu machen und systematischer zu ordnen. Reformen sind jedoch überflüssig und keinesfalls dringlich. Sollten dennoch welche beschlossen werden, so fordern die Tagungsteilnehmer, dass die verschiedenen Reformpakete separat behandelt und der Volksabstimmung unterbreitet werden. Einen Abbau von Volksrechten werden wir mit aller Energie bekämpfen.

(Fortsetzung folgt)

Hans Fehr