Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der SVP

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Teil 38 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Wir sind damals, in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre (und eigentlich bis heute) skeptisch eingestellt, was die „Leistungen“ des Europarates in Strassburg als „Wächter über die Menschenrechte“ betrifft. Denn diese Leistungen sind oft ungenügend bis unbrauchbar oder – wie die Freisinnigen in besonders krassen Negativfällen zu sagen pflegen – „eher suboptimal“. Selbstverständlich sehen das unsere Parlamentarier(innen) die in Strassburg sitzen, ganz anders. Sie sind überzeugt von der Wichtigkeit ihrer Mission – u.a. auch unsere damalige Zürcher Nationalratskollegin Lisbeth Fehr. Eines Tages finden wir zufälligerweise ein Tagesprogramm vom 23. April 1996, das sie irgendwo hat liegen lassen, auf dem die wichtigsten gesellschaftlichen und kulinarischen Anlässe des Europarates stehen. Um sie exakt an dieser empfindlichen Stelle auf die Schippe zu schieben und zu ärgern, publiziere ich Auszüge aus diesem Programm in der Parteipresse, und Lisbeth Fehr braucht natürlich für en Spott nicht zu sorgen. Da heisst es zum Beispiel (Auszüge):

Lundi, 22 avril 1996

12 h 15                 VERNISSAGE de l’exposition „La Sculpture slovaque (…) suivi d’un vin d’honneur …

13 h 00                 DEJEUNER offert par la Présidente de l’Assemblée Parlementaire Leni Fischer en l’honneur de Mme Kirsti Kolle Grondahl, Président du Parlement de la Norvège

18 h 30                RECEPTION donnée par le Représentent Permanent du Royaume-Uni  (…) à l’occasion du 70e Anniversaire de Sa Majesté la Reine Elisabeth II.

19 h 30                 CEREMONIE de remise du Prix du Musée au «Österreichisches Museum für angewandte Kunst», suivie d’un buffet de Spécialitées autrichiennes  

20 h 15                 RECEPTION donnée par le Président du Conseil Général et le Maire de la Ville de Strasbourg

20 h 00                 DINER offert par le Représentent Permanent de la Norvège en l’honneur de Mme Kirsti Kolle Grondahl , Président du Parlement de la Norvège

20 h 30                 DINER du Groupe liberal, démocrate et réformateur

Am nächsten Tag geht es im gleichen Sinn weiter.

Aber wie fast immer  hast alles zwei Seiten: So lange die Politiker feiern und essen, beschliessen sie wenigstens keine grösseren Dummheiten auf Kosten der Steuerzahler.                                                                                              

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Wo die Liebe hinfällt … Ich stelle im Frühjahr 1996 auf dem Sekretariat einen jungen, tüchtigen (und offenbar auch attraktiven) Assistenten und Stellvertreter aus der Jungen SVP an. Bei Christoph Blocher – sein Büro befindet sich damals im nahen SIA-Gebäude im Selnauquartier – hat ebenfalls eine neue Arbeitskraft – eine junge, attraktive Sekretärin ihre Arbeit aufgenommen. Eines Tages schicke ich den jungen Mann mit einigen Dokumenten ins Büro Blocher – und es fällt mir auf, dass er fortan solche Aufträge gerne persönlich statt per Post oder Kurier erledigt. Und nach kurzer Zeit ist es klar: Die beiden haben Gefallen aneinander gefunden, heiraten bald und ziehen danach ins Ausland, wo sie das Glück mit ihrer Tüchtigkeit sicher gefunden haben. Ich habe sie dann leider aus den Augen verloren. Wir müssen also die beide Stellen neu ausschrieben. Aber eben: Wo die Liebe hinfällt …

Noch eine kleine Episode mit der erwähnten jungen Sekretärin: Christoph Blocher (und alle guten Vorgesetzten und Chefs) wollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die grundsätzlich keine Fragen sondern Anträge stellen. So sind sie gezwungen mitzudenken. Das ist ein wichtiges Führungsprinzip. Auch der jungen Sekretärin ist dieses Prinzip rasch dies in Fleisch und Blut übergegangen. Als ihr Christoph Blocher eines Tages den Auftrag gibt, für ihn ein Schinkenbrot zu besorgen, kommt sie zurück und sagt: „Herr Blocher, es hat leider keine Schinkenbrote mehr. Mein Antrag: Essen Sie ein Käsebrot!“ Was dann auch geschehen ist.

                                                                                             
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Zurück zur Politik: Unser damaliger Bundesrat Adolf Ogi predigt immer wieder das sicherheitspolitische – obwohl neutralitätswidrige – Konzept „Sicherheit durch Kooperation“. Und er schwärmt begeistert von der „Nato-Partnerschaft für den Frieden“ (oder auf Neu-Deutsch „Partnership for Peace“). Immer wieder betont er als VBS-Chef, wir würden uns nur an bestimmten Programmen beteiligen. „Es ist ein Menu à la carte!“ – angeblich mit lauter Vorteilen für unsere Sicherheit.

Unter dem Vorsitz des damaligen Ständerates Otto Schoch (CVP/AR) ist bereits eine „informelle Arbeitsgruppe“ an der Arbeit, die noch einen Schritt weitergeht. Sie will die Schweiz der Nato annähern und ihr sogar Kampftruppen zuführen. Um diesen fatalen Irrweg zu stoppen, versuchen wir, bereits den ersten Schritt – die erwähnte Nato-Partnerschaft – zu verhindern.

Und wir haben gute Argumente. Das Schweizer Volk hat sich mehrfach für unsere integrale Neutralität und die Selbstbestimmung ausgesprochen – u.a. mit einem klaren Nein zum Uno-Beitritt (1986), zum EWR (1992) und zu den Blauhelmen (1994). Mit dem Nein zur Volksinitiative „für eine Schweiz ohne neue Kampflugzeuge“ (1994) hat sich unser Volk zudem eindrücklich für eine eigene Landesverteidigung ausgesprochen.

Leider scheitere ich mit einem parlamentarischen Vorstoss, der unsere immerwährende, bewaffnete Neutralität (konkret mit der Stossrichtung „Verzicht auf die Teilnahme an Konflikten anderer Staaten“ sowie „Nichtbeteiligung an kollektiven militärischen Sicherheitssystemen“) in der Verfassung verankern will.

Wenigstens gelingt es uns damals, den sicherheitspolitischen „Sündenfall“ auf die „Partnerschaft für den Frieden“ einzugrenzen. Nicht verhindern können wir trotz Referendum die mehr als fragwürdigen militärischen Auslandeinsätze der Armee. Die Konsequenz: Jährlich werden seit 1999 allein für den nutzlosen „Swisscoy“-Einsatz in Kosovo mindestens 50 Millionen Franken aus dem Fenster geworfen. Eines der Kernprobleme: Wer einen solchen Einsatz mitmacht, kommt nicht mehr heraus! Alle drei Jahre verlängert eine Parlamentsmehrheit den Einsatz „noch einmal“, weil sich die Situation vor Ort angeblich gebessert habe – man sei aber „noch nicht ganz am Ziel“. Ich hoffe, dass das Trauerspiel bei der nächsten Runde endlich gestoppt wird.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr