Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der SVP

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Teil 43 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Ende November 1996 erscheint das neueste Werk „Wuurzle“ des bekannten Weinländer Bauerndichters Willy Peter, aus Leidenschaft „Puur“ und nebenamtlicher Gemeindeschreiber in Oberwil, Gemeinde Dägerlen. Bereits erschienen sind damals „Unparagraphische Seitensprünge“, „Underwägs“, „Memo-Aren“, „Dank dem liebevollen Giessen“, „Aasichte – Ysichte“, „Chrüz und Queer“ sowie „Schpuure“. Der begnadete Dialektdichter versteht es immer wieder, in fruchtbaren Momenten, zu jeder Tages- und Nachtzeit, seine unvergleichlichen Verse zu Zeitfragen, zur Politik, zur Landwirtschaft, zu Persönlichkeiten, zu gesellschaftlichen Fragen zu Papier zu bringen und sie bei Gelegenheit auch an Veranstaltungen, festlichen Anlässen und dergleichen mir feinem Humor vorzutragen. So beispielsweise sein Gedicht „Wuurzle“:

Wuurzle? Was sind s?                                                   En Sturm über d Nacht, En Anker im Grund!                                                   und d Wuurzle sind zwääg
Allerdings nu,                                                                   was hätt alles praacht?
wänn s starch sind                                                         De Baum isch ewääg. und gsund.

Wuurzle gänd Halt                                                         Deet, won er gsy isch,
und Vertroue wo schützt                                             iez wüssed mers doch.
und s Läbe vom Baum                                                  häs s, ooni Wuurzle,
uf de Undergrund schtützt.                                        nid emal e räschts Loch – .

Wuurzle gänd Chrafft                                                   (20.8.1996, 01.15 Uhr)
und hebed die Böim.
Ooni Wuurzle
sind ales nu Tröim.

An der Buchvernissage zum Werk „Wuurzle“ meint Willy Peter, dass er eine „Marktnische“ entdeckt habe – sozusagen den „literarischen Direktverkauf ab Hof und Hirni“, ab unmittelbar sprudelnder Quelle der Gedanken und Erlebnisse. Und er ergänzt: „Das vielseitige Züüritütsch (und Schwizertütsch) hat für alles die passenden Ausdrücke“; die neuen, modernen Ausdrücke nimmt er entsprechend aufs Korn.

 „Wuurzle“ – also ein solides Fundament mit Sicherheit/sicheren Grenzen, Stabilität, Freiheit, Selbstbestimmung, Überschaubarkeit, Heimat – sind im Zeitalter der sogenannten Digitalisierung, Massenzuwanderung und Globalisierung (s. auch „Coronavirus“) besonders wichtig. Willy Peter, der am 20. Juni 2011 im Alter von 88 Jahren verstorben ist, hat Zukunftsängste, aber auch einen ausgeprägten Zukunftsglauben, meisterhaft in Verse geschmiedet. Seine Bücher, die beim Verlag Stutz + Co AG, 8820 Wädenswil, bezogen werden können, sind eine wunderbare, zeitlose Fundgrube.

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Themenwechsel zur CVP: In der Budgetdebatte der Wintersession 1996 streicht der Nationalrat die Arbeitslosenentschädigung für Jugendliche unter 20 Jahren. Eine m.E. sinnvolle Massnahme, denn Jugendliche ohne familiäre Pflichten können sich aus eigener Kraft über Wasser halten – sofern der Wille vorhanden ist. Der erfolgreiche Antrag stammt vom Walliser CVP-Parlamentarier Epiney. Die CVP-Fraktion stimmt dem Antrag grossmehrheitlich zu. Die Entrüstung in den Medien über diesen Entscheid ist jedoch gross. Und siehe da: In ihrem Pressedienst verurteilt die CVP den Entscheid aufs schärfste. Verschiedene Kommentatoren meinen, mit ihrem Zickzackkurs sei die CVP nun definitiv aus der Liste der bürgerlichen Parteien zu streichen.

Von wegen „streichen“: Die CVP befasst sich derzeit vor allem mit sich selbst und mit der Frage, ob das „C“ in ihrem Namen gestrichen werden soll. Ich werde mich hüten, mich in diese Frage einzumischen. Nur so viel: Wenn das „C“ nicht nur ein billiger Anstrich ist, und wenn die CVP eine überzeugende bürgerliche Politik machen würde, die sich nach christlichen Grundsätzen richtet – und beispielsweise auch die islamistische Gefahr und die Christenverfolgung in den islamischen Ländern thematisiert, so müsste sie keine derartigen „C“-Debatten führen!

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Am Ende des Jahres 1996 – in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit – äussert sich Prof. Dr. Kurt Schiltknecht, der von uns wegen seiner Kompetenz in Banken- und Finanzfragen sehr geschätzt wird und den wir, trotz seiner SP-Mitgliedschaft,  gerne bei wichtigen Veranstaltungen beiziehen, in einem vielbeachteten Artikel zur Notwendigkeit, dass Unternehmen Gewinne machen müssen. Schiltknecht: „Es gibt keinen Zweifel. Die treibende Kraft in der Wirtschaft ist der Gewinn.“ Nur so könnten Unternehmer Arbeitsplätze schaffen und sichern, und nur so könnten sie auch wirtschaftlich schwierige Perioden überstehen.

Schiltknecht widerspricht damit der damaligen (und auch heute oft gehörten) Meinung von „sozialen“ Kreisen, (Pseudo-) Intellektuellen und Gutmenschen, wonach eine Gewinnmaximierung „unsozial“ sei. Sie predigen, der Staat müsse massiv eingreifen und mit allerlei Massnahmen „Gleichheit“ (Harmonisierung) anstreben und durchsetzen. Diese falsche Auffassung, so Schiltknecht, bringe zwangsläufig auch die Gewinnmaximierung als Ziel unternehmerischen Handelns in Misskredit. Tatsache sei jedoch: „Wohlstand und Wirtschaftswachstum hat es immer nur dann gegeben, wenn die Prinzipien einer freien Marktwirtschaft hochgehalten wurden. Der Beitrag eines Unternehmens für die Gesellschaft ist dann am grössten, wenn es seinen Gewinn zu maximieren versucht.“ Anders ausgedrückt: Alle Systeme, welche die Gewinnmaximierung behindert oder ausgeschaltet hätten, seien gescheitert.  (Auch Christoph Blocher hat als international tätiger und erfolgreicher Unternehmer immer wieder betont: „Es gibt nichts Traurigeres als einen Unternehmer, der keine Gewinne macht!“)

Und Schiltknecht kommt zum Schluss: „Im Gegensatz zur Auffassung gewisser Theoretiker und Schöngeister, die sich noch nie mit der Herstellung und dem Vertrieb von Waren beschäftigt haben (bzw. noch nie einen Schuhbändel verkaufen mussten), ist es letztlich doch gerade der Wunsch nach materiellen Werten und Wohlstand, der Innovation und Fortschritt mit sich bringt.“ Natürlich gebe es auch beim Konzept der Gewinnmaximierung Fehlleistungen und gar einzelne Exzesse. Auch dieses System sei nicht die perfekte Lösung, es müsse aber gesamtheitlich beurteilt werden. Schiltknecht: „Es gilt auch hier, was Churchill seinerzeit über die Demokratie gesagt hat: Sie ist das schlechteste mögliche System – mit Ausnahme aller andern.“

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr