Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Teil 46 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikIm Frühjahr 1997 wird Divisionär Ulrico Hess, Kommandant der Felddivision 6, vom Bundesrat zum Kommandanten des Feldarmeekorps (FAK) 4 und gleichzeitig zum Korpskommandanten („Drei Sterne-General“) befördert. Er löst Paul Rickert ab, der in den Ruhestand tritt. Wir haben von der SVP zum unvergesslichen Troupier Hess, der in seinem Herzen immer Grenadier geblieben ist und leider im Jahre 2006 viel zu früh verstorben ist, immer gute Beziehungen gehabt – wie auch zu den Korpskommandanten Simon Küchler und André Blattmann oder zu den Divisionären Hansruedi Ostertag, Louis Geiger, Hans Bachofner, Hans-Ulrich Solenthaler, Hans-Rudolf Blumer und Rolf Siegenthaler (Vater und Sohn) – und haben sie zum Teil heute noch.
Ulrico Hess ist 1979 erstmals in mein militärisches Leben getreten – als Major i Gst und Klassenlehrer in der Schiessschule Walenstadt. Er lehrt uns, Übungen mit den Übungstruppen anzulegen und zu besprechen (Thema, klare Zielsetzungen für Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, erfüllt/nicht erfüllt, positive/negative Einzelleistungen). Für die Übungsbesprechung kritzelt er jeweils ein paar Stichworte auf seine legendäre Cigarilloschachtel. Zu meiner Freude treffe ich ihn gegen Ende des Jahres wieder als Klassenlehrer in der Zentralschule I auf dem Monte Ceneri, die ich bei der Felddivision 6 unter Divisionär Frank Seethaler absolviere. In jenen Wochen lernen wir das Tessin gut kennen – vor allem bei Übungen im Malcantone, im Mendrisiotto und im Raum Isone. Nach Arbeitsschluss besuchen wir mit Hess hin und wieder kleine, versteckte Grotti, die nur er zu kennen scheint, wo es „Salami Nostrano, Pane e Merlot“ in bester Qualität gibt und wo Clay Regazzoni wie ein Halbgott verehrt wird. Später begegne ich Ulrico Hess oft wieder bei militärischen Anlässen, beim legendären Ratsherrenschiessen und bei andern Gelegenheiten. Er wird in meiner Erinnerung immer der begnadete Troupier bleiben, der das Führungsprinzip „Mir nach!“ gelebt hat.
Am 10. Mai 1997 sind es exakt 20 Jahre her seit der Wahl von Christoph Blocher zum Präsidenten der SVP des Kantons Zürich. (Dieses Amt hat er weiterhin ausgeübt bis zur Wahl in den Bundesrat Ende 2003, also während insgesamt 26 ½ Jahren.) Viele Zeitungen würdigen Blocher – unabhängig von ihrer SVP-Sympathie oder -Antipathie – für seine starke, volksnahe Führung, seine Standfestigkeit und den langen Verbleib im Amt eines Kantonalpräsidenten. In der Tat war und ist es bei andern Parteien, insbesondere bei der FDP, üblich, dass jemand ein Kantonalpräsidium übernimmt, um in den Nationalrat gewählt zu werden, Dann verlässt man das Boot in der Regel rasch.
Die „NZZ“ schreibt in ihrer Würdigung: „Dass der junge Blocher ausgerechnet gegen einen Landwirt aus dem Unterland (Hans Frei, Watt) klar gewonnen hat, ist bezeichnend.“ Zwar sei die Partei tief in ihrem landwirtschaftlichen und gewerblichen Umfeld verwurzelt gewesen. In den Nationalratswahlen (1975) habe man jedoch eine herbe Niederlage einstecken müssen. „Die Zeit für einen Kurswechsel war gekommen.“ Mit einem enormen Einsatz, mit Charisma und Überzeugungskraft prägte Blocher fortan den liberal-konservativen Kurs. Die „NZZ“ zitiert ihn wie folgt: „Herkömmliche Werte und Lebenswahrheiten müssen hochgehalten, aber auf aktuelle Probleme angewendet werden. Wir vertreten ein ausserordentlich zeitgemässes, sehr aktuelles und modernes Gedankengut; nur dürfen und müssen wir uns hinauswagen ins Volk, um dieses Gedankengut offen, ehrlich glaubwürdig zu vertreten.“
Die Bauern- und Gewerbepartei sieht sich fortan als moderne Mittelstandspartei, offen für breite Schichten. Dieser Kurs bringt einen enormen Aufschwung; er wird nach harten Auseinandersetzungen auch von der nationalen SVP übernommen und macht diese schliesslich zur mit Abstand stärksten Partei im Lande. Die „NZZ“ resümiert: „Blochers Erfolge sind nur Mittel zum Zweck. Er will weiterkämpfen – gegen Interventionismus und Bürokratie, gegen die moderne Orientierungslosigkeit in der Politik und gegen den schleichenden Sozialismus, dem Linke und Nette verfallen seien.“
Auf die Frage, warum er sein Amt auch nach 20 Jahren weiterführe, meint er, dies geschehe aus einer guten Portion Pflichtgefühl heraus: „Wenn man für etwas gewählt wird und sich dazu für fähig hält, dann muss man es machen.“ Und die „NZZ“ meint abschliessend: „Es gibt denn auch weder ein Fest noch eine Feier in der kantonalen SVP. Aus dem Sekretariat verlautet einzig: Die Arbeit geht weiter.“
Prof. Dr. Karl Spühler aus Winterthur, von 1987-1995 Bundesrichter und von 1995-2002 Professor für Zivilprozess- und Zwangsvollziehungsrecht sowie Privatrecht an der Universität Zürich, der auch für die SVP als Wahlkommissionspräsident und in andern Funktionen Aussordentliches geleistet hat, würdigt Blocher zum „20-Jährigen“ in einem Artikel u.a. wie folgt: „In den späten Abendstunden des 10. Mai 1977 leitete Vizepräsident Rudolf Reichling die hitzige Debatte ruhig und sicher. Die Versammlung wogte hin und her. Es wurde immer deutlicher, dass nicht nur zwei Persönlichkeiten zur Wahl standen, sondern zwei Führungsmethoden auch inhaltlicher Natur – eine gut fundierte und behäbige und eine ebenfalls wertkonservative, gleichzeitig aber auch liberale. Der Entscheid zugunsten von Christoph Blocher fiel nach rund vier Stunden.“
Spühlers Fazit: „Ohne Christoph Blocher wäre die Kantonalpartei in den vergangenen 20 Jahren kaum zu derart ausgeprägten Erfolgen gekommen. Die Wählerzahl hat sich von 37‘660 (1975) auf 83‘048 erhöht, und die Zürcher SVP-Nationalratsdelegation hat sich von vier auf neun Mandate mehr als verdoppelt. Es braucht Mitstreiter bis in jede Gemeinde und Sektion – aber es bedurfte auch immer wieder klarer Vorgaben und motivierender Worte des Präsidenten. Als ehemaliger Bauernknecht (Blocher hat 1960 die landwirtschaftliche Schule in Wülflingen als Klassenbester abgeschlossen – die Red.) weiss Christoph Blocher, was harte Arbeit bedeutet. Darauf beruht die grosse Achtung der Mitglieder und Sympathisanten vor ihrem kraftvollen Präsidenten.“
(Fortsetzung folgt)