Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der SVP

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Teil 54 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Im Frühling 1998 mokiert sich Ulrich Schlüer, damals als Gemeindepräsident von Flaach, in seiner politischen Kolumne  „Em Presi sini Meinig“ darüber, dass der Ausdruck „Kunde“ oder „Klient“ nun auch von allerlei staatlichen Stellen, insbesondere von Fürsorgeämtern, verwendet werde. Zwar sage der Duden klipp und klar, ein „Klient“ sei, wer sich von einem Rechtsanwalt beraten oder vor Gericht vertreten lasse. Während Generationen sei dies jedermann klar gewesen.

Heute werde nun aber der Begriff „Klient“ mit einer ganz anderen Bedeutung versehen. Wer zum Beispiel von der öffentlichen Hand Fürsorgeleistungen begehre, müsse zwingend als „Kunde“ oder „Klient“ angesprochen werden, ansonsten sei dies „politisch unkorrekt“ und die betroffene Person fühle sich diskriminiert. Die Verwendung des allgemein verständlichen Begriffs „Fürsorgeabhängige(r)“ sei zum Unwort geworden und versetze jene, die im sozialen Bereich tätig seien, eigenartigerweise in Rage.

Und Schlüer fragt zu Recht: Warum dürfen sprachliche Ausdrücke, die sich seit Jahrzehnten eingebürgert haben und von allen Leuten verstanden werden, plötzlich nicht mehr in ihrem angestammten Sinn verwendet werden? Warum muss ein Fürsorgebezüger, der von den Steuerzahlern besondere Leistungen für sich beansprucht, plötzlich einem umworbenen Kunden oder Klienten gleichgestellt werden, der zwar ebenfalls Dienstleistungen in Anspruch nimmt, diese aber auch bezahlt? Werden die Funktionäre der Sozialadministration von einem schlechten Gewissen geplagt, das sie mit der Biegung der Sprache zu besänftigen versuchen?

Schlüer blickt sodann zurück in die Geschichte und stellt zur „Anpassung“ und Umbiegung der Sprache eine grundlegende Frage: War es nicht seit jeher das Bestreben gewisser (totalitärer) Strömungen, die im freien Wettbewerb der Ideen keine Mehrheiten zu gewinnen vermochten, sich der Sprache der Menschen zu bemächtigen? Dies mit dem Ziel, mit der Herrschaft über die Sprache auch die Herrschaft über das Denken der Leute zu gewinnen – und diese dann (zumeist in die Irre) zu lenken? Schlüer räumt ein, dass vielleicht etliche Leute solche Überlegungen als gesucht empfänden. Dennoch sei es eigenartig, dass die Umbiegung der Sprache im Sozialbereich gleichzeitig erfolge mit dem damals im Kanton Zürich vorangetriebenen Versuch, das Fürsorgewesen kantonal zu zentralisieren und zu professionalisieren – wobei die Gemeinden nur noch zu zahlen hätten (was dann weitgehend auch eingetreten ist …)

Schlüers Fazit: „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass jene Funktionäre, die sowohl für das Umbiegen der Sprache verantwortlich sind als auch für die Zentralisierungsabsichten im Sozialwesen, weit weniger die Fürsorgeabhängigen im Auge haben als die Zementierung von Institutionen, die ihren eigenen Interessen dienen.

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Heute sind wir bekanntlich noch viel weiter auf diesem fatalen Irrweg: Sprachliche Begriffe werden nicht nur „umgebogen“, sondern zum Teil unter Strafandrohung als „rassistisch“ verboten. Altbekannte Ausdrücke wie Neger, Mohrenköpfe, Zigeuner und dergleichen lassen grüssen.

Zudem haben wir es derzeit mit einer eigentlichen „Vergewaltigung“ der deutschen Sprache in der Form von Geschlechtsneutralität, Genderismus, Feminismus  und linksideologische Gleichschaltung zu tun – mit einer Entwicklung, die immer mehr ins Absurde geht. Der Drang zu geschlechtsneutralen Bezeichnungen hat Formen angenommen, die als pathologisch bezeichnet  werden müssen und unglaubliche „Blüten“ treiben. Bezeichnungen wie „die Velofahrenden, die Zugfahrenden, die Pflegenden, die Lernenden, die Stimmenden, die Konsumierenden, die Spazierenden, die Sporttreibenden, die Steuerzahlenden, die Versicherungsnehmenden, die Sozialhilfebeziehenden“ und dergleichen sprechen Bände. Goethe und Schiller würden sich im Grab umdrehen. Ziel ist offensichtlich eine staatsgläubige, grenzenlose, gleichgeschaltete, harmonisierte, sozialistische, anti-patriarchalische, geschlechtsneutrale,  „Ehe für alle“-Multikulti-Wohlfühl-10-Millionen-Schweiz. Da ist es tröstlich, dass wenigstens noch eine Partei und ein paar Vernünftige, auch die „Schweizerzeit“, Gegensteuer geben.

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Im Frühjahr 1998 legt die „Studienkommission für strategische Fragen“ (Kommission Brunner) ihre Thesen vor. Im Auftrag von Bundesrat Ogi hat die von alt Botschafter Edouard Brunner geleitete Kommission „sicherheits- und militärpolitische Leitideen für die Schweiz nach der Jahrtausendwende“ ausgearbeitet. Wie die Verursacher der oben erwähnten linksideologisch motivierten Sprachumbiegung und –vergewaltigung, geht auch diese Kommission in eine falsche Richtung. Sie liefert keine brauchbare Grundlage für unsere künftige Sicherheitspolitik. Christoph Blocher distanziert sich deshalb als Kommissionsmitglied vom Bericht und präsentiert einen eigenen Bericht, auf den ich das nächste Mal eingehen werde.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr