Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Teil 55 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikDer im Frühjahr 1998 von der Studienkommission für strategische Fragen (Kommission Brunner) vorgelegte Bericht „Sicherheits- und militärpolitische Leitideen für die Schweiz nach der Jahrtausendwende“ liefert keine brauchbare Grundlage für unsere künftige Sicherheitspolitik. Als einziges Kommissionsmitglied distanziert sich Christoph Blocher deshalb (wie bereits erwähnt) von diesem Machwerk und präsentiert in der Folge einen eigenen Bericht.
Der Bericht Brunner ist beseelt von der Illusion, nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989, dem Zerfall des realen Sozialismus und der Sowjetunion sei quasi der ewige Frieden ausgebrochen. Die Welt und Europa hätten sich „grundlegend verändert“, die einstigen Machtblöcke würden zusammenrücken, bewaffnete Konflikte seien unwahrscheinlich geworden. Europa sei am Ende des Jahrhunderts vom Willen beseelt, Institutionen (EU, OSZE, Nato, Partnerschaft für den Frieden, Europarat) aufzubauen, die den Frieden langfristig sicherten.
Zudem würden unsere Nachbarländer als EU-Mitglieder in immer mehr Bereichen eine gemeinsame Politik machen. Diese „neue Realität“ sei ein Schlüsselelement unserer Sicherheit. „Die Schweiz kann ihre vitalen Interessen am besten durchsetzen, indem sie dazu beiträgt, diese Dynamik zu stärken“, folgert der Bericht. Die Schweiz müsse die internationale Zusammenarbeit verstärken und sich dem „Sicherheitsraum der Europäischen Union annähern“. Demzufolge müsse auch die bewaffnete Neutralität der Schweiz „im Lichte der Veränderungen überprüft werden“.
Auf „Deutsch“ empfiehlt der Bericht Brunner die Preisgabe unserer immerwährenden, bewaffneten Neutralität sowie den Beitritt zum „Europäischen Sicherheitsverbund“ und zur Europäischen Union. Fazit: Unbrauchbar!
Christoph Blocher begründet seine Ablehnung des Berichts Brunner im Wesentlichen wie folgt:
Im April 1998 veröffentlicht Christoph Blocher dann seinen eigenen Bericht über die künftige Sicherheitspolitik, dessen Inhalt ich demnächst in geraffter Form präsentieren werde.
Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Der Irrweg der Kommission Brunner hat sich in der Folge leider mindestens zum Teil durchgesetzt. Unsere Armee wurde mehreren übereilten Reformen unterworfen bis hin zur aktuellen „Weiterentwicklung der Armee (WEA)“. Die WEA mit 100‘000 Mann ist nicht mehr in der Lage, den Kernauftrag gemäss Bundesverfassung Art. 58 („Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung“) zu erfüllen. Es geht nun darum, die Armee auf dem „Sockel“ WEA (einen andern haben wir nicht) wieder Ernstfall-tauglich auf- und auszubauen. Entscheidend ist dabei ein Ja zu neuen Kampfflugzeugen am kommenden Wochenende.
Aufgrund der immer grösseren Missstände im Asylbereich beschliesst die SVP-Bundeshausfraktion im Frühjahr 1998 die Ausarbeitung einer neuen Volksinitiative. Die Zahl der Asylgesuche hat sich gegenüber dem Vorjahr um satte 30 Prozent erhöht und im Monat Februar gegenüber dem Februar 1997 sogar um 64 Prozent. Jede zweite Straftat wird durch Ausländer begangen – davon rund 20 Prozent durch Asylanten. In Bern nimmt die Polizei in jener Zeit im Kampf gegen den Rauschgifthandel im Rahmen der Aktion „Citro“ insgesamt 576 Personen fest. Davon sind 536, also 93 Prozent, Asylbewerber. 341 stammen aus Albanien und Ex-Jugoslawien und 166 aus Afrika. Gleichzeitig nimmt die illegale Einwanderung vor allen an der Südgrenze massiv zu.
Trotz der chaotischen Situation behauptet Bundesrat Arnold Koller, CVP, weiterhin gebetsmühlenhaft, man habe im Asylbereich „alles im Griff“. Weil das Asylgesetz von der Mehrheit des Parlaments zudem verwässert statt verschärft worden ist, treibt die SVP die neue Asylinitiative rasch voran. Als Grundlage verabschiedet sie ein Positionspapier mit den folgenden Forderungen: Ein griffiges Asylgesetz mit eingeschränkten Rechtsmitteln und einem raschen Vollzug; bewachte Kollektivunterkünfte für renitente, gewalttätige und papierlose Asylanten; die Stabilisierung des Ausländeranteils u.a. durch eingeschränkten Familiennachzug; bessere Grenzkontrollen; Entwicklungshilfe nur an kooperative Staaten bei der Rückübernahme ihrer abgewiesenen Asylbewerber.
(Fortsetzung folgt)